Dieses Jahr findet ihr hier zwei Kategorien. Kategorie 1: Findesatz und Wortspiel. Wöchentlich teile ich einen Satz, der mich durch seine Poesie, Tiefe oder Skurrilität inspiriert hat. Daraus entsteht ein Gedicht oder eine Kurzgeschichte, ergänzt durch ein passendes Foto. Kategorie 2: Verstecktes Wort der Woche. Ich wähle jede Woche ein Wort, das mit dem nächsten Buchstaben des Alphabets beginnt, schreibe es auf und verstecke es an öffentlichen Orten. Fotos zeigen das Wort und seinen Versteckplatz. Wie jedes Jahr werde ich über die Leipziger Buchmesse und die Frankfurter Buchmesse berichten.
Friedensräume hieß das Museum, das sie betrat und etwas in ihr auslöste. Wir sind immer Andere beim Hinausgehen als beim Eintreten. Sie las die Worte einer geflüchteten Frau. Wenig später tönten an anderer Stelle aus einem Lautsprecher Stimmen, flüsternde, tuschelnde Laute. Sie fühlte, wie es ist, eine Außenseiterin zu sein. Nicht innen zu stehen. Abseits aufgrund der Hautfarbe, der Sprache, der Herkunft. Sie dachte an Kinder, die beschimpft werden, mitten auf Schulhöfen. Noch später nahmen ihre Ohren Imagine auf, gesungen in vielen Sprachen. Wer ist Freund, wer Feind? Kann sie den Nächsten lieben wie sich selbst? Setzt sie sich mit ihren Vorurteilen auseinander? Denkt sie von sich selbst, sie sei ein guter Mensch? Viele Fragen, deren Antworten gewebt werden. Beim Hinausgehen gab die im Museum tätige Frau Worte mit: Den Gedanken Frieden hinaustragen. Später setzte sie sich auf eine Bank. Sie blickte auf den See, der im Abendlicht glitzerte. Sie fand es unerträglich absurd, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken. Ich lebe auf der Sonnenseite, sagte sie. Ohne dass ich etwas dafür tun musste. Grund genug, etwas zu tun.
Es ist möglich in Frieden zu leben das Klima zu retten das Fremde willkommen zu heißen zusammenzurücken sich wertschätzend zu begegnen voneinander zu lernen Ich höre nicht auf daran zu glauben allen Nachrichten zum Trotz Wenn alle, die das Mögliche möchten Geschichte schreiben
Der erste Krokus im Februar Die Mondsichel in der Nacht Dein Lachen In aller Frühe draußen sein Durch die stille Straße gehen Der Geruch des gebackenen Brots Die Frische im Draußen Wenn Menschen einander die Hand reichen Das Einfachste ist doch das Größte
Ich glaube, ich werde Krieg nie verstehen. Das ist so ein Morgen, da schreibe ich, um meine Gedanken zu sortieren. In den letzten Tagen habe ich, wie vermutlich viele von euch, die Nachrichten verfolgt und gehofft, dass eine friedliche Lösung möglich ist. Russland, Putin, Ukraine, Luhansk, Donezk, Minzer Abkommen, Völkerrecht, Sanktionen, viele Wörter hörte ich. Ich las, redete, schaute Youtube Videos dazu, sah mir die Weltkarte an und ließ mir erklären, wo der bereits lang vorhandene Konflikt zwischen Russland und der Ukraine herkommt. Und dann las ich heute Morgen, dass Russland angegriffen hat. Ich verstehe Krieg nicht. Manchmal kommt es mir vor, als sitzen da Menschen oder ein Mensch mit Spielzeugfiguren und spielt Krieg. Ich verstehe das nicht. Vielleicht bin ich naiv, doch ich denke dann, wir sind doch alle Menschen, hineingeboren in diese eine Welt. Diese Welt, die wir uns im Laufe der Geschichte aufgeteilt haben in Ortschaften, Gebiete, Städte und Dörfer, in Grenzen, mit Regeln, mit Sprachen und über alle Grenzen hinweg mit viel Miteinander. Denn es bleibt dabei, wir alle sind Menschen, wir alle lachen, weinen, lieben, sorgen uns, schauen nachts die Sterne an, küssen geliebte Menschen und wollen ein glückliches Leben. Da ist Vieles, was uns eint. Ein komischer Morgen. Heute ist Weiberfastnacht, so nennen wir diesen heutigen Tag im Rheinland. Auch wenn es wegen der Corona-Regeln wieder kein Karneval wie in vielen anderen Jahren sein wird, werde ich gleich zu einer Schule gehen, wie jeden Donnerstagmittag, und vermutlich werden viele Kinder verkleidet sein. Ich frage mich, ob ich mit ihnen zu fröhlicher Musik tanze. Ich frage mich, ob die Kinder den Militäreinsatz Russlands in der Ukraine mitbekommen haben, von ihren Eltern am Morgen gehört, beim Packen des Pausenbrotes. Ich kann es in andere Worte kleiden, doch es ist Krieg. Dieses unschöne Wort. Denn ich möchte viel lieber über Frieden schreiben. Ich wünsche mir Weltnachrichten, die von Menschen berichten, die in Frieden leben. Warum schaffen wir Menschen das nicht? Ja, ich finde Konflikte wichtig und richtig, doch finde, dass sie niemals mit Gewalt zu lösen sind, niemals mit Waffen. Nein, ich habe keine Lösung für diese Konflikte, die ich vermutlich nie ganz verstehen werde. Eine Bekannte, die ich vor vielen Jahren traf, lebt in der Ukraine. Vorgestern schrieb ich ihr und fragte, wie es ihr und ihrer Familie gehe. Sie klang hoffnungsvoll. Gleich werde ich ihr wieder schreiben. Ein trauriger Morgen. Die Sonne scheint, die ersten Krokusse blühen im Garten wie ein Versprechen. Die Welt dreht sich weiter. Was kann ich machen? Den kleinen Frieden im Alltag und im Umfeld leben? Meine Stimme bei Demonstrationen erheben? Reicht das? Ein erschreckender Morgen. Und doch ist der Himmel blau. Irgendwo ist immer Krieg auf der Welt. Es bleibt dabei. Ich werde Krieg nie verstehen.