Leipziger Buchmesse – Samstag

Auch der heutige Samstag war ein wunderbarer Tag auf der Leipziger Buchmesse mit sehr vielen großartigen Buchvorstellungen und anregenden Diskussionsrunden.
Denis Scheck stellte viele lesenswerte Bücher vor:


Ein humorvolles Gespräch von Katrin Schumacher mit Alex Capus zu seinem Buch „Das kleine Haus am Sonnenhang“:


Die Moderatorin Vivian Perkovic im Gespräch mit Miriam Meckel und Lea Steinacker darüber, wie Künstliche Intelligenz unsere Welt verändert:


Das Buch „Erzähl mir von der Liebe“, ein Buch mit vielen Liebesgeschichten, die die drei Autor*innen Robert Ide, Joana Nietfeld und Helena Piontek nach zahlreichen Gesprächen zusammengetragen haben:


Diskussionsrunde darüber, was wir von Religionen lernen können, mit dabei Katrin Göring-Eckhardt:


Gute wichtige Botschaften in den Hallen:


Shila Behjat im Gespräch mit Irina Scherbakowa, Mitbegründerin der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, die 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Auf ARTE ist aktuell das Porträt „Irina Scherbakowa: Russlands unbequemes Gewissen“ zu sehen:


Thea Dorn im Gespräch mit Bernhard Schlink („Das späte Leben“), wie ihr auf dem Foto seht, es ging humorvoll zu:


Mona Ameziane mit Stefanie de Valesco zu ihrem Buch „Das Gras auf unserer Seite“:


Auch wenn ich Iris Wolff vor ein paar Wochen bereits zu ihrem aktuellen Buch „Lichtungen“ in Berlin erlebt habe, hörte ich gerne ein weiteres mal zu:

Alina Herbing zu ihrem Roman „Tiere vor denen man Angst haben muss“:


Am Abend waren wir zur Klimabuchmesse:


Ein wundervoller Abend mit guten Diskussionsrunden. Folgende Bücher stellten die Autorinnen und Autoren hier vor:
Friedemann Karig – Was ihr wollt. Wie Protest wirklich wirkt
Amelie Fried – Der längste Sommer ihres Lebens
Lea Bonasera – Die Zeit für Mut ist jetzt. Wie uns ziviler Widerstand aus Krisen führt


Und im zweiten Teil folgende Autor*innen mit ihren Büchern:
Raphael Thelen – Wut
Jasmin Schreiber – Endling
Annette Schaumlöffel – In einem Land nach unserer Zeit


Es gab viele berührende Momente und mehr als einmal dachte ich, ja, Bücher machen die Welt zu einem besseren Ort.
So grüßt euch inspiriert aus Leipzig,
Marion

Gastbeitrag

Gastbeitrag „Ein Sonntag auf der Frankfurter Buchmesse 2023“

Als Ehemann einer sehr engagierten Bloggerin und regelmäßigen Besucherin der Frankfurter Buchmesse habe ich so meine Privilegien. Da wäre zum einen, dass ich bereits im Vorfeld der Messe in die inhaltlichen Vorbereitungen miteinbezogen werde und sich mir damit ein erster schmaler Spalt des Fensters zur aktuellen Buch- und AutorInnenenwelt in Deutschland und des gesamten Erdballs öffnet. Zum anderen aber auch, dass für mich ab und an ein paar Krümel der Privilegien abfallen, die meine Gemahlin dank ihres Presseausweises auf der Buchmesse genießen kann. Doch dazu später mehr.

Der Tag startete für mich mit einem kurzen Gang durch die Halle 3, in der alles, was in der Verlagswelt Rang und Namen hat, vertreten ist. Dort begegneten mir einige Buchtitel, die ich euch nicht vorenthalten möchte. „Hilfe, ich habe geerbt“ der Stiftung Warentest weckte in mir die Vorstellung einer adrenalindurchfluteten Person mit Schweiß auf der Stirn, die mit der Sorge eines Erbes konfrontiert wird und Heil in der Fibel der deutschlandweit bekannten Stiftung sucht.

Die Technik zur Kompensation der Effekte der Klimakatastrophe hält auch in der Botanik Einzug. So überraschte mich der Bestseller „Echte Hitzeprofis“ von Katrin Lugerbauer. Ihr Buch ist eine Hommage an alle trockenheitslieben Stauden, die sie dem Leser eindringlich näherbringt. Dank dieser Pflanzen scheinen die Effekte des sich verändernden Klimas kein Problem. Fantastisch?!

Zur Ergänzung unnützen Halbwissens gleich nebenan das Buch „Efeu erwürgt Baum“, in dem Aino Adriaens mit den Mythen aus dem Garten aufräumt. Ein Muss für alle FreizeitgärtnerInnen.

Und zum Abschluss meines kurzen Buchtitelscans der gerade erschienene Band des sehr populären jugendlichen Imkers, Bloggers und Influencers Quentin Kupfer, der mit seinen mehr als 1 Millionen FollowerInnen eine junge Fangemeinde für das Imkern begeistert. Ein schön gemachtes reich bebildertes Fachbuch, das die next generation der ImkerInnen anspricht und der typischen Generation der meist männlichen Imker Ü65 das Fürchten lehrt.

„Der wache Vogel fängt den Wurm“, so der Titel des Buches, der für mich ersten Buchvorstellung des Tages. Die im Vortragen geübten Kathrin Leineweber und Markus Kamps brachten den ZuschauerInnen das Thema Schlaf näher und gaben Tipps (man nennt das wohl heute neudeutsch „Hacks“), um gut zu schlafen und ausgeruht zu sein und um damit seinem Arbeitgeber, seiner Arbeitgeberin und der Welt effizient zur Verfügung stehen zu können. 7,5 Stunden Schlaf als Muss für ein gesundes Leben, gut geplant und sauber ein- und ausgeleitet als Schlüssel zum Wohlbefinden. Ich war begeistert und wollte sofort loslegen. Dabei hatte der Tag gerade erst angefangen.

Weiter gings auf der ARD ZDF 3Sat- Bühne, auf der sich im Kulturzeit- Talk – bekannt bei 3Sat ZuschauerInnen – der Soziologe Steffen Mau mit seinem Werk „Triggerpunkte“, Politikwissenschaftlerin Sophie Pornschlegel (2. von rechts) mit „Am Ende der gewohnten Ordnung“ und Politikwissenschaftlerin Florence Gaub (links) mit „Zukunft“ tummelten, moderiert von Nina Brunner. Die AutorInnen unterhielten sich eindringlich über das Verständnis von Macht in der Politik, Gendersprache und darüber, den Menschen die Angst vor der Zukunft zu nehmen. Für den ungeschulten Zuschauer wie mich eine intellektuelle Herausforderung.

„Modern heartbreak“, so der Titel des Buches von Laura Berling (links), hier im Gespräch mit Salwa Houmsi vom Kulturmagazin „Aspekte“ des ZDF, in das ich zufällig gestrandet war. Berling berichtete über romantische Liebe im Spannungsfeld von Sehnsucht, Geschlechterklischees und Online Dating. Und mit dem von ihr durchlebten Liebeskummer hielt sie auch nicht hinter dem Berg. Kurzweilig und ein Kontrastprogramm zu dem, was nun folgen sollte.

Auf dem Weg zur nächsten Veranstaltung kam ich an der großen Bühne draußen im Innenhof, der Agora, vorbei und hörte ein mir aus der Jugend bekanntes Kichern, Jodeln und Scherzeln. Und siehe da: Otto wurde aus der Versenkung wieder rekrutiert. Er erlebt zurzeit eine Renaissance dank seines Liedes Friesenjung, das die Künstler Joost und Ski Aggu neu ab- und aufgemischt haben. Das gab er dann auch zum Besten. Ich konnte von der Seitenlinie einen kurzen Blick auf Otto erhaschen, der sich zu meinem Erstaunen recht gut gehalten hat.
(PS: Am Abend konfrontierte ich unsere Tochter mit Ottos altbekanntem Sketch von der Milz, die mit der Leber im menschlichen Körper kommuniziert. „Lustig“ war ihr Kommentar).

Liebe LeserInnen, sagt euch die Abkürzung „DCM“ etwas? DCM steht für Deutsche Cosplaymeisterschaft, die während der Buchmesse in Frankfurt ausgetragen wurde. Nun, was ist denn um Himmels willen ein Cosplayer? Zitat Wikipedia: „Cosplay (japanisch コスプレ, kosupure) ist eine in Japan geprägte Fanpraxis, die in den 1990er Jahren mit dem Manga- und Animeboom auch in die USA und nach Europa kam. Beim Cosplay stellt der Teilnehmer eine Figur aus einem Manga, Anime, Film, Videospiel oder anderen Medien durch ein Kostüm und Verhalten möglichst originalgetreu dar.“ Wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht, und ich ließ mich bereitwillig von unserer Tochter, die zumindest eine vage Vorstellung davon hatte, was uns erwartete, in die Veranstaltungslokation geleiten. Der Halle, in der am Vorabend noch Salman Rushdie sein neues Buch präsentierte, und die nun von unzähligen verkleideten Menschen zur Partybude mutiert war.
Wir haben uns dann drei der 15 Menschen der Endausscheidung angesehen, die in beeindruckender Weise Szenen aus mir unbekannten Anime- Filmen nachgespielt haben. Leider mussten wir dann den Saal verlassen, da wir uns Veranstaltungen von einem ganz anderen Kaliber ausgesucht hatten.

Nahid Fallahi-Keshavarz las am Stand von Amnesty International aus ihrem Buch „Flüchtlingscafe“. Moderiert von Houman Amjadi von Amnesty berichtete sie von ihrer langjährigen Tätigkeit in der Flüchtlingshilfe in Köln und schilderte eindringlich ihre Erfahrungen von der Konfrontation und Versöhnung unterschiedlicher Kulturen und Religionen in schwierigen Lebenssituationen. Beeindruckend. Ich blieb dann noch eine Weile am Stand, unterschrieb Briefe an diverse Regierungschefs und AußenministerInnen von Ländern, in denen Menschen zu Unrecht im Gefängnis sitzen. Eine wichtige Arbeit, die ich seit vielen Jahren verfolge und die durch Beharrlichkeit und Kompetenz vielfach zum Erfolg geführt hat.

In der Nähe dann eine Anti-Apartheid-Bank, die Norbert Biba geschaffen hat. Hintergrund war eine Volksabstimmung in der Schweiz im Jahre 2013, bei der es um ein restriktiveres Asylgesetz ging. Mehr Info dazu unter www.diebank.info

Die Themen Antisemitismus, Judenverfolgung und Konzentrationslager interessieren mich bereits seit vielen Jahren. So ging ich dann zum Gespräch des Verlegers Arne Houben mit der niederländischen Historikerin Aline Pennewaard, die sich in ihrem Werk „Kapo in Auschwitz“ mit der Biografie des jüdischen Schneiders Heinrich Bontscheck beschäftigt hat. Sie stellte eindrücklich dar, wie sich ein sehr friedlicher freundlicher Mensch in einem KZ unter den gegebenen unvorstellbaren Umständen völlig verwandeln kann. Menschen haben ihn nach 1945 in Australien wiedererkannt. Sie berichteten einerseits, dass er unmenschlich gehandelt habe, und andererseits sehr viele Menschenleben gerettet habe. Ein interessantes historisches Zeugnis.

Im Anschluss entspannte ich mich bei einem Gespräch zwischen der bereits oben erwähnten Salwa Houmsi mit dem bekannten Schauspieler und Harry-Potter-Hörbuchsprecher Rufus Beck. Beck las selbst nicht, berichtete aber von den Anfangsjahren und dem ersten Band, den er eingesprochen hatte. Marion hat bereits ihre Erfahrungen mit Beck geschildert. Interessant wurde es, als Houmsi am Ende des Interviews Beck auf die kritischen Äußerungen der Harry-Potter-Schöpferin J.K. Rowling bezüglich Transmenschen ansprach. Beck meinte dazu, dass er die Harry-Potter-Bücher vollständig von der Person Rowling trennen würde und im Übrigen zum Gespräch über Harry und die Bücher hier sei. Er verließ dann auch schnell die Bühne, ohne sich noch einmal von der Moderatorin zu verabschieden. Tja, auf dem falschen Fuß erwischt.

Mittlerweile war es bereits 15 Uhr und ich hatte Hunger. Dann also mal schnell ins Pressezentrum, das ich natürlich nicht betreten durfte. Aber eine kurze Nachricht an Marion, und sie brachte mir einen Apfel und einen Kaffee, Verpflegung, die eigentlich nur für Pressemenschen zur Verfügung gestellt wurde. Hat gut geschmeckt.

Nochmal eilte ich zur ARD- Bühne und kam in den Genuss des 5. Teils der Sheroes- Interviewreihe mit der Moderatorin Jagoda Marinic (Marion berichtete). Spannend und eindrücklich. Hier ein Foto aus meiner Perspektive:

Dann ging es für mich schnell zur Verkündigung des Jugendwortes 2023 auf dem Stand von Langenscheidt/Pons. Auf der Longlist standen 10 Worte/Begriffe, die in einem flotten Film präsentiert wurden. Die interessantesten will ich euch nicht vorenthalten:

Einer meiner Favoriten: Auf Lock = auf locker; die Dinge entspannt angehen.
Beispielsatz: Ich gehe mit ein paar Freunden raus auf lock!

Darf er so = Darf er das einfach so sagen? Ausdruck der Verwunderung, wenn etwas Provokantes gesagt oder getan wurde.
Beispielsatz: er hat sich einfach neben mich gesetzt – darf er so?

Rizz = Charisma; Fähigkeit einer Person zu flirten und verbal charmant zu sein.
Beispielsatz: Der hat mächtig Rizz.

Slay = Ausdruck der Zustimmung und Bewunderung
Beispielsatz: Dein Outfit sieht gut aus – slay!

Side Eye = skeptischer Blick, wenn man einer Person oder einer Situation kritisch gegenübersteht.
Beispielsatz: Bombastic Side Eye!

Der Sieger:
Goofy = tollpatschige, alberne Person oder Verhaltensweise, die andere amüsiert.
Beispielsatz: Er ist richtig Goofy.
(Ihr erinnert euch vielleicht, Goofy ist der lustige schusselige Hund aus der Donald Duck Reihe).

Präsentiert wurde der Sieger von dem Poetry Slammer Sebastian23 (auf dem Foto in der Mitte mit dem bunten Pulli), der alle Begriffe in einem tollen Slam von 2:30 Min zusammengefasst hat und mit dem Siegerwort endete. Eine großartige Performance. Das anschließende Gespräch mit SprachwissenschaftlerInnen und SprachhistorikerInnen war dann ein wenig ermüdend.

Und so zog ich weiter zum Stand der Bundesregierung, wo sich unsere Claudia Roth, ihres Zeichens Staatsministerin im Bundeskanzleramt und Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, unter der Leitung des Moderators Florian Prokop mit der Schriftstellerin und Journalistin Valentina Vapaux unterhielt. Es ging um die Generation Z. Leider habe ich nur noch die letzten 5 Minuten des Gesprächs mitbekommen. Darin schilderte Vapaux (22), dass sie eine Gruppe Freundinnen im Alter zwischen 20 und 60 Jahren habe und sie mit denen generationsübergreifend unterschiedlichste Themen bespreche. Nur eine Person um die 70 Jahre fehle ihr noch. Roth (68) bot sich als Gruppenmitglied an und wurde von Vapaux dankbar aufgenommen. Eine schöne Geste wie ich finde.

Und mit wem fand ich mich dann auf der Rolltreppe wieder? Seht selbst:

Ein schöner letzter Buchmessentag ging für mich und uns zu Ende. Marion und ich krönten den Tag mit einer landestypischen Leckerei im Slowenien-Pavillon. Voller anregender Gespräche erlebten wir gemeinsam mit unserer Tochter eine sehr kurzweilige Rückfahrt, auf der wir viele Gedanken und Erlebnisse teilten. Die Buchmesse ist für mich immer wieder ein intellektueller boost, der mich für die nächsten Wochen mit geistiger Nahrung versorgt und die Lust zum Lesen verstärkt. Das Buch von Tonio Schachinger „Echtzeitalter“ ist bereits zur Hälfte gelesen.
Meine KollegInnen in den Niederlanden beneideten mich gestern um diese Erfahrung mit den Worten: Sowas haben wir hier in Holland nicht. Wollen wir auch.
Tja, ich würde sagen: Deutsch lernen und hinfahren.

Und wie immer gilt: Nach der Buchmesse ist vor der Buchmesse.

Es grüßt euch der Gastschreiber
Jens

Frankfurter Buchmesse – Tag 5

Am Morgen war es in den Hallen und in der Agora angenehm leer:

Der Buchmessen-Sonntag begann für mich so, wie es auf dem Schild hier zu lesen ist:

Meine erste Veranstaltung führte mich zu „Yoga mit Buch“. An diesem Stand bot die Yoga-Lehrerin Karina Goldberg Yoga-Übungen an. Ein angenehmer und schöner Start in den Messetag, denn Messetage sind bekanntlich lang und intensiv. Die Füße wurden trainiert, der Rücken gestärkt und das Herz geöffnet. Bei den Yogaübungen Bücher einzubeziehen, gefiel mir richtig gut.

So gestärkt ging es dann weiter für mich zur Literaturbühne. Dort erlebte ich Sebastian Fitzek im Gespräch mit Claudia Schick zu seinem Buch „Elternabend“. Auf dem Buchcover steht weiterhin: „Kein Thriller (Auch wenn der Titel nach Horror klingt)“.
Sebastian Fitzek sagte: „Ich liebe Elternabende, weil ich liebe ja verhaltensauffällige Menschen und skurrile Situationen.“ Er meinte, es seien die Eltern, die dafür sorgen, dass ein Elternabend aus dem Ruder laufe, nicht die Erzieher*innen oder Pädagog*innen.
Er erzählte von einer Szene, die er bei einem Elternabend im Kindergarten erlebte: Die Eltern sollten sich über das Spiel „Stopptanz“ vorstellen. Wenn die Musik stoppte, sollten sie dem Gegenüber den eigenen Namen nennen. Ein Vater meinte dazu: „Nee, wir sind doch hier nicht im Kindergarten!“ Doch, genau da war er gerade.
Ein weiterer seiner Sätze, den ich aufhebenswert fand: „Die Quelle des Humors ist der Kummer, den man verarbeitet.“
Für sein erstes Buch hat er übrigens 15 Verlage angeschrieben, es kamen 12 Absagen, drei haben sich bis heute nicht gemeldet, so erzählte dieser bekannte Bestsellerautor.
Auf die Frage, ob er Alpträume habe, sagte er: „Nein, die Realität macht mir Angst.“
Er könne ruhig schlafen, andere, die seine Thriller lesen, womöglich nicht mehr „und damit verdiene er sogar noch Geld.“
Es war ein schönes und humorvolles Gespräch.
In ein paar Tagen kommt sein neues Buch raus, „Die Einladung“, diesmal wieder ein Psychothriller.

Dieses schöne Zeichenmaschine nennt sich „IMMUMAT- der Illustrationsautomat“. Eine Maschine, die Wünsche erfüllt und jährlich hier zu finden ist. Der ILLUMAT wandelt eigene Wünsche in Bilder um und schenkt damit eine feine Freude. Er war sehr beliebt und meist sah ich beim Vorbeigehen dort eine lange Schlange.

Schön, dass an den Ständen Raum und Muße zum Stöbern und Lesen ist. So wie diese Leserin am Katapult-Verlag:

In den Frankfurt-Studios besuchte ich die Veranstaltung „Über die Macht von Utopien und wie wir unsere Welt noch retten können“. Dort erlebte ich den Schweizer Zukunftsforscher und Autor Joël Luc Cachelin (“Veganomics. Die vegane Revolution und ihre Zukunftsmärkte“) sowie die Autorin Theresa Hannig („Pantopia“).
Die beiden waren im Gespräch mit der Moderatorin Susanne Henn über Visionen und Ideen für eine nachhaltige gerechte Zukunft.
„Können Utopien die Welt verbessern oder sind es nur Utopien“, fragte die Moderatorin. Joël Luc Cachelin meinte, theoretisch sei alles möglich, was er in seinem Buch beschreibe und er glaube, dass unser Weg dorthin gehe.
Theresa Hannig versteht ihren Roman als Anregung zum Gedankenaustausch und wünscht sich, dass wir sagen: „Lass und mal positiv in die Zukunft schauen.“
„Wir haben genug Dystopien, was und fehlt ist ein Gedankenrepertoire, dass es gut gehen kann“, so Theresa Hannig.
Joël Luc Cachelin meinte, wir sollten uns die Frage stellen „Wo möchte ich konkret ansetzen, um die Welt besser zu machen?“ und wir können „Die Zukunft mitgestalten, auf die wir Lust haben“. „Eigentlich wissen wir alle wie es geht und wie es um diesen Planeten steht, es geht nur um den politischen Willen und die eigene Trägheit. Das Wissen ist da, die Technologien und die Fakten sind da. Doch Fakten ändern unser Leben nicht. Es gibt Lösungen“, so Theresa Hannig und sie setzte bei uns an: „Wo möchte ich konkret ansetzen, um die Welt besser zu machen?“
„Eine Utopie ist kein Zustand, eine Utopie ist immer ein Weg und wir müssen da täglich dran arbeiten, dann wird es was. Wenn wir nicht daran arbeiten, dann wird es sicher nichts. Wenn wir es versuchen, dann haben wir es wenigstens versucht“, so Theresa Hannig.
Ein Gespräch, das mich sehr ansprach.

Ursula Poznanski, von ihr kennen viele sicherlich die Erebos-Bücher, las aus ihrem neuen Jugendthriller „Oracel“ vor:

Ihr seht, es war gut besucht:

Ab Freitag dürfen die Bücher auf der Buchmesse verkauft werden und wie schön, lesefreudige Menschen decken sich mit Büchern ein:

Eine lange Menschenschlange stand nun vor dem Frankfurt Pavillon, da viele bei der Veranstaltung “Back to Hogwarts – 25 Jahre Harry Potter in Deutschland mit Rufus Beck“ den Schauspieler und Hörspielsprecher Rufus Beck erleben wollten. Einige kamen erst hinein, wenn andere hinausgingen.
Dem Presseausweis sei Dank, dass ich mich nicht einzureihen brauchte.
Der Moderator Tobias Goldfarb begrüßte Rufus Beck: „Harry Potter ist eine Legende, du aber auch.“

Als Harry Potter verlegt wurde, so Rufus Beck, war der Hörspielmarkt klein, dass das Hörspiel solche Ausmaße annahm, war „ein kosmisches Ereignis.“
Er erzählte von seinen 25 Jahren mit Harry Potter und sagte, er habe beim Sprechen nie an das Ergebnis gedacht, sondern an das, was er fühle.
„Du hast große Parallelen mit Harry Potter, ihr könnt beide zaubern, Harry mit seinem Zauberstab, du mit deiner Stimme“, so der Moderator. Und dann konnten wir live erleben, wie Rufus Beck Passagen aus Harry Potter vortrug.
Das war ein aktives Hörspiel, er spielte mit seiner Stimme, die er beeindruckend variieren kann und mit Einsatz seines ganzen Körpers.
Die Freude vom Zuhören lag im Raum und in den Gesichtern:

Sicherlich ist es immer wieder schön, wenn er nach Veranstaltungen in lachende Gesichter schaut:

Hier seht ihr den Illustrator Eduardo Lima, die Illustratorin Miraphora Mina neben dem Moderator Tobias Goldfarb. Die beiden sind seit über zwanzig Jahren für die Harry-Potter-Welt tätig und gestalten das grafische Universum der Harry-Potter-Serien mit. Ausgehend von ihren Arbeiten zu den Filmen haben sie nun die ersten drei Harry-Potter-Bände neu designed und illustriert:

Im Vorbeigehen sah ich Motsi Mabuse auf der Open Stage:

Leider habe ich diese Veranstaltung “Phoenix Talk mit Ahmad Monsour / Denken mit Kinnert und Welzer“ nur in Teilen erlebt. Da es eine Podcastaufzeichnung ist, besteht die Möglichkeit, es nachzuhören:

Die diesjährig letzte Veranstaltung der Reihe “SHEROES Streiterinnen für die Zukunft“ fand zu dem Thema “Wir – widerständig und demokratisch?“ statt.
Die Moderatorin Jagoda Marinić sprach mit Lea Bonasera, die Mitgründerin der Letzten Generation (“Die Zeit für Mut ist jetzt! Wie uns ziviler Widerstand aus Krisen führt“) und Jasmin M`Barek, der Zeit-Journalistin (“Protest. Über Wirksamkeit und Risiken des zivilen Ungehorsams“).
Durch den Klimaaktivismus ist Protest in unserer Gesellschaft so präsent wie lange nicht mehr. Es wurde darüber diskutiert, welche Formen es gibt und was zum Ziel führt.

Lea Bonasera sagte, dass die Letzte Generation diese Protestform wählt, da viele Menschen Veränderungen in unserer Gesellschaft wollen, die sich auf die Fakten der Wissenschaft gründen und sie mit ihren Protesten diese Umsetzungen beschleunigen wollen, da die Politik nicht reagiere oder nicht schnell genug reagiere.
Sie machte noch einmal deutlich, dass, wenn sie Gemälde in Museen mit Farbe bewerfen, dies so gewählt wird, dass die Farbe abgehe und dass eine Glasscheibe vor dem Kunstwerk ist, was in den Medien oft nicht beschrieben wird.
„Allen Menschen im demokratischen Spektrum emphatisch zuhören“ ist ein wichtiger Schlüssel, so Jasmin M`Barek.
„Ziviler Widerstand hätte sich nicht als Mittel so entwickeln können, wären es nicht gerade für unterrepräsentierte Gruppen wie zum Beispiel Frauen oder LGBTIQ so bedeutsam gewesen und uns das bewusst zu machen und zu denken, wir sind viel stärker als wir denken“, ist Lea Bonasera bedeutsam.
Es war eine Diskussion auf einem wertschätzenden Niveau. Wie sehr wünsche ich mir das auch für die breite Gesellschaft.
Auch hier waren viele interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer aller Altersstufen vertreten:

Ein Teil des Gesprächs zwischen dem Musiker Max Mutzke und Bärbel Schäfer konnte ich hören. Er, der vierfacher Vater ist, hat das Kinderbuch „Komm mit ins Paradies der Träumer“ geschrieben, sein Vatersein hatte hierauf Einfluss.

Noch einmal ging ich ins Pressezentrum, in dem ich diesen Bericht weiterschrieb. Oft saß ich mit anderen Pressevertreter*innen hier und wir schrieben von dem, was wir hier erlebten. Immer wunderbar versorgt mit Ruhe, Kaffee, Tee, Wasser, Äpfeln und freundlichen Mitarbeitenden. Dank an euch an dieser Stelle!
Euer Taschentuch-Turm mit dem lesenden Zwerg ist auch erwähnenswert:

Zum Abschluss ging es für mich in den Ehrengast Pavillon Slowenien zur „GastRollen-Übergabe Ehrengast 23 Slowenien – Ehrengast 2024 Italien“.
Die ist die feierliche Abschlussveranstaltung des aktuellen Ehrengastauftritts und jedes Jahr wird die „GastRolle“ – ein speziell für die Frankfurter Buchmesse entworfenes Kunstobjekt – um ein weiteres literarisches Zitat bereichert und dem nächsten Gastland überreicht.
Gerne zeige ich euch diese „GastRolle“. Ich finde den Gedanken schön, dass dort bereits viele lyrische Zitate wohnen:

Shila Bejhat, die diese Veranstaltung moderierte, führte ein literarisches Gespräch mit dem slowenischen Autor Dušan Jelinčič:

Er hat u.a. den Roman “Sternklare Nächte im Karakorum“ geschrieben, in dem es um Bergsteigen geht.
„Das Ziel ist nicht, den Gipfel zu erklimmen, sondern das Beste im Tal zu entdecken“, sagte Dušan Jelinčič.
Die italienische Autorin Ilaria Tutti schenkte eine Videobotschaft, da sie nicht anwesend sein konnte. Weitere Persönlichkeiten nahmen an dieser Zeremonie teil, darunter Katja Stergar, Direktorin der Slowenischen Buchagentur, und Mauro Mazza, Vertreter der italienischen Regierung.

Katja Stergar sagte: „Wir freuen uns sehr, die slowenische Kultur dem deutschsprachigen und internationalen Publikum mit einem solch umfangreichen Programm in Frankfurt präsentiert zu haben. Die Teilnahme am Ehrengastprojekt war wie eine Achterbahnfahrt mit allen Höhen und Tiefen. Aber man ist nie allein, es gibt immer eine helfende Hand, ein Wort der Ermutigung und ein Lächeln von jemandem, der einen unterstützt. Der Ehrengast-Pavillon und die Veranstaltungen mit allen beteiligten Autor*innen auf und außerhalb der Messe stießen auf sehr großes Interesse. Ich freue mich heute, die GastRolle an unser Nachbarland Italien zu übergeben, denn ich weiß, dass unsere Geschichte dank der slowenischen Minderheit in Italien im nächsten Jahr weitergeschrieben wird.”

Juergen Boos, der der Frankfurter Buchmesse verabschiedete sich von Katja Storgar und damit Slowenien als Gastland. Es war zu spüren, wie sehr er dieses Gastland mochte und all das, was es geschenkt hat:

Nun wurde also Slowenien als Gastland 2023 verabschiedet, Italien als Gastland 2024 begrüßt und Katja Stergar überreichte Mauro Mazza die GastRolle:

Mauro Mazza sagte zur GastRollen-Übergabe von Slowenien an Italien: „Zwischen unseren beiden Ländern besteht eine geografische Nähe, die auch eine kulturelle Nähe ist, selbst in der Schönheit ihrer jeweiligen Vielfalt. Diese Veranstaltung bot uns die Gelegenheit, den Wert der Nähe im Namen der Literatur zu feiern.“
Zum Abschluss dieser Zeremonie spielte die italienische Violinistin Francesca Dego und bereicherte mit wundervollen Klängen:

Sicherlich waren nun alle Gefühle bei dem slowenischen Gastland vorhanden, Traurigkeit, das alles vorbei ist, doch auch Freude über all das Erlebte. Diese Freude ist auf einem der Abschlussfotos sichtbar:

Damit ging die 75. Frankfurter Buchmesse zu Ende.
Ein paar Zahlen teile ich mit euch:
215.000 Besucher*innen waren dabei. Mit 105.000 Fachbesucher*innen (Vorjahr: 93.000) aus 130 Ländern und 110.000 Privatbesucher*innen (Vorjahr: 87.000) erlebte die Frankfurter Buchmesse nach den Coronajahren einen deutlicher Wachstumsschub. An den Publikumstagen Samstag und Sonntag lagen bei der Zahl der Besuche um mehr als ein Drittel über dem Jahr 2022.
Mehr als 4.000 Ausstellende aus 95 Ländern präsentierten sich in den Hallen.
Mehr als 7.000 Medienvertreter*innen berichteten über die gut 2.600 Veranstaltungen an den Fach- und Publikumstagen.

Ich habe nicht alles sehen können, was es Großartiges zu erleben gab und meine persönlichen Berichte zeigen euch einen Ausschnitt dieser großen Buchmesse.
Ich bin erfüllt und inspiriert und dankbar über all das, was ich erleben konnte. Und das war eine wunderbare Fülle.
Die Themen der Zeit fanden hier Raum. Es gab viele schöne Begegnungen. Es gab Austausch. Und es gab jede Menge spürbare Bücherliebe.
Was ich in diesem Jahr besonders mitnehme, ist die oftmals geäußerte Aussage, dass wir mehr Utopien brauchen, dass es Hoffnung gibt und dass die Literatur hierbei eine Rolle spielt.
Wir alle gestalten diese Welt mit. Es liegt nicht alles in unseren Händen, doch auch wir haben Hände, Füße und Herz und sind auch die, die Geschichte mitschreiben.

So grüße ich euch sehr erfüllt, mit vielen Eindrücken und soooooo viel Bücherliebe,
Marion

Frankfurter Buchmesse – Tag 4 -Die Literaturgala

Am Abend fand einer der Höhepunkte der Buchmessetage statt: die Literaturgala. Thea Dorn („Das Literarische Quartett“) und Denis Scheck („Druckfrisch“) moderierten den Abend.

Der preisgekrönte britisch-indische Schriftsteller Sir Salman Rushdie war an diesem Abend zu erleben. Er wird am Sonntag mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2023 ausgezeichnet. Der Besuch der Literaturgala ist sein einziger öffentlicher Auftritt bei der Buchmesse. Seit dem Angriff auf seine Person im Sommer 2022 hat Salman Rushdie nur wenige öffentliche Auftritte wahrgenommen. Es war spürbar, wie bewegt das Publikum über seinen Auftritt war.
In seinem Buch „Victory City“, ein epischer Roman über Macht und Liebe, geht es darum, was es bedeutet, ein Mensch zu sein.
Salam Rushdie hat kürzlich in einem Interview zur 75. Frankfurter Buchmesse die Bedeutung der Buchmesse als Ort des demokratischen Austauschs beschrieben, was ich gerne hier teile: „Die Frankfurter Buchmesse ist eines der wichtigsten kulturellen Foren in der westlichen Welt. […] Ihr Einfluss besteht gerade in dem freien Austausch von Ideen zwischen vielen Kulturen durch Bücher. Ein solcher Austausch ist für den sozialen Wandel und die Demokratie unerlässlich.“
Auf die Frage, wie er – nach der Attacke auf sein Leben im letzten Jahr – mit Angst umgehe, antwortete er, er sei mit der Angst nicht erst konfrontiert seit dem letzten Jahr, sondern er kenne diesen Zustand seit über 30 Jahren. Man könne mit der Angst nur so umgehen, dass man sie in ein kleines Kästchen verschließe und in der Ecke eines Zimmers stelle und sich den Sorgen und Nöten des Tages zuwende und diesen Tag dann genießen könne, anders würde es nicht gehen.
Auch sagte er: „Literatur kann Probleme nicht lösen, doch sie kann sie darstellen und beleuchten.“
Die Funktion von Literatur, so Salam Rushdie, sei in Friedens- wie in Kriegszeiten dieselbe, „es gehe darum, Schönheit in die Welt zu bringen, Schönheit zu erzeugen, Freude zu spenden.“

Thomas Hettche sprach zu seinem Buch „Sinkende Sterne“, das bereits gestern in meinem Bericht auftauchte.
„Literatur ist keine Antwort, es ist eine Frage.“, so Thomas Hettche.
Herrlich amüsant sind Versprecher, wie ich finde, so sagte Thomas Hettche, in dessen Roman auch Rilke auftaucht, er sei im Grab von Rilke gewesen. Gut, dass Thea Dorn nachfragte, denn natürlich war Thomas Hettche am und nicht im Grab von Rilke. Zum Glück, sonst könnten wir dieses Buch nun nicht lesen.

Erneut konnte ich Cornelia Funke erleben, die ihr Buch “Tintenwelt 4. Die Farbe der Rache“ wie auch ihre anderen Bücher nicht nur geschrieben, sondern auch illustriert hat. Wieder hörte ich ihrer zauberhaften Art und ihren feinsinnigen Gedanken gerne zu.
Als Kind hat sie Bibliotheken kennengelernt und entdeckt, dass es dort flüsternde Bücher gebe, die viele Fenster und Türen hätten.
Denis Scheck bezeichnete sie während des Gesprächs als „Literarische Herbergsmutter“, da sie jungen Künstler*innen auf ihrem toskanischen Gutshof Unterkunft bietet und ihnen Arbeitsräume zur Verfügung stellt. Sie erzählte, dass sie das Zusammenkommen mit den Autor*innen, Illustrator*innen und Musiker*innen sehr möge. „Ich kann mir kein schöneres Leben vorstellen“, so Cornelia Funke.
Zum Thema Rache sagte sie: „Rache verneint alle Farben des Lebens.“
Auf die Frage wie das Böse in die Welt komme, sagte sie:
„Ich glaube und ich hoffe, da bin ich nicht zu optimistisch, dass all das, was Böse in uns wird oder zerstören und verletzen möchte, etwas Verletztes in uns ist. Etwas, das zerbrochen ist und dass, wenn wir heil sind und wenn wir uns auf die anderen, auf die Welt, auf die Schönheit und auf das Licht der Welt einlassen, diese zerbrochenen Dinge heilen können und wir das Böse dadurch beherrschen und verdrängen können.“ Und ganz leise und zart fügte sie hinzu „Vielleicht irre mich da auch.“
Ich hoffe, sie irrt sich nicht.

Der Historiker Sir Christopher Clark sprach zu seinem Sachbuch „Frühling der Revolution. Europa 1848/49 und der Kampf für eine neue Welt“. Neben Romanen und Kinderbüchern gibt es natürlich eine Menge Sachbücher auf der Buchmesse und wie wichtig, dass auch eines auf dieser Gala Raum findet.
Christopher Clark sagte: „Es war die weiblichste Revolution der Gesichte, die Frauen waren da überall vorhanden.“
Danach hätten die Männer leider wieder die Macht übernommen und die Frauen hätten nicht in die „Motorräume“ gedurft, die sie in Schwung gebracht hätten, doch sie waren bedeutsame Zeitzeuginnen und schrieben darüber.

Auch auf dieser Literaturgala war deutlich, wie bei der gesamten Buchmesse, dass es neben den aktuellen Büchern der Schriftsteller*innen auch um die großen politischen und gesellschaftlichen Verwerfungen unserer Zeit und um die Herausforderungen für die Zukunft geht.

So kam nun der im Exil lebende iranische Schriftsteller Amir Gudarzi auf die Bühne.
Amir Gudarzi hat mit seinem Buch „Das Ende ist nah“ einen Roman über Fremdheit und Außenseitertum, über Mut, die Macht der Sprache und Liebe geschrieben. Das Buch schenkt einen Einblick in das, was Menschen auf sich nehmen, wenn sie flüchten.
Er sprach darüber, wie er die Freiheitsbewegung im Iran vor zwanzig Jahren und heute erlebe.
Er habe strukturelle Gewalt vom Regime und auch strukturelle Gewalt als Asylsuchender erlebt.
Ein Mensch mit einer bewegten Geschichte.

Als er die Bühne verließ und Lizzie Doron, die israelische Schriftstellerin und Friedensaktivistin, auf die Bühne kam, umarmten die beiden sich.
Thea Dorn: „Das geht wahrscheinlich nur auf der Buchmesse, dass sich ein iranischer Exilautor und eine israelische Autorin umarmen.“

Lizzie Doron erzählte bewegt davon, dass sie bis aufs Mark erschüttert sei über den Angriffskrieg der Hamas auf Israel.
Sie hielt ein Bild hoch von den von den Hamas entführten Kindern.
Lizzie Doron sprach viel über die Situation in Israel. Sie wurde als Friedensaktivistin befragt und auch als Autorin. So wurde auch über ihr Buch „Nur nicht zu den Löwen“ erzählt.
Auf die Frage „Ist there any hope?“ sagte sie: „I can`t stop dreaming of peace“ und wir sollten nicht aufhören, uns dafür einzusetzen.

Der Abend wurde beendet „mit der Kraft und der Klugheit der Literatur“, indem Thea Dorn und Denis Scheck beide Passagen aus Büchern vorlasen, die zu der aktuellen Situation passen.
So las Thea Dorn eine Passage von Heinrich Mann vor und Denis Scheck eine Passage aus dem Buch von Richard Ford „Valentinstag“, in dem es um die Bedeutung der Literatur geht.
Es war inmitten all der aktuellen Situation, die viel Raum in den Gesprächen fand, ein Fest der Literatur.

Es grüßt euch aus Frankfurt,
Marion

P.S.: Morgen berichte ich euch von meinem letzten Tag auf der Buchmesse, dem Buchmessensonntag.

Frankfurter Buchmesse – Tag 4

Meine erste Veranstaltung führte mich erneut zum Gastland-Pavillon und der Honey Hour mit Barbara Korun. Imkerei und Dichtkunst, beides spielt in Slowenien eine große Rolle und so wird in den morgendlichen Veranstaltungen dazu eingeladen, dass Süßigkeiten mit den Versen verschmilzen. Diese Honey Hour fand an jedem Morgen mit anderen slowenischen Dichter*innen statt. Heute las Barbara Korun eigene Gedichte vor und einige Gedichte anderer slowenischer Dichterinnen.
Ich fand es wunderbar, den Messetag so geruhsam und poetisch zu beginnen.
Auf dem Bild seht ihr den Moderator Matthias Göritz, die Autorin Barbara Korun – sie las ihre Gedichte nicht nur vor, sie ließ sie uns spüren dank ihrer Gestik und Mimik – und die Moderatorin Amalija Macek:

Die nächste Veranstaltung „Atemprotokolle“, die ebenso im Ehrengast Pavillon Slowenien stattfand, schenkte Wort- und Musikklänge. Der Autor Aleš Šteger trug Gedichte aus seinem Buch „Atemprotokolle“ vor. Seine Verse verbanden sich mit den Tönen des Akkordeonspieler Jure Tori. Was eine wunderbare musikalisch literarische Performance. Ich dachte beim Zuschauen, allein deshalb hätte es sich schon gelohnt, diese Buchmesse zu besuchen und nach Frankfurt zu reisen.
Aleš Šteger zeigte sich als ein Meister der Performance und in beeindruckender Weise spielten Musik und Worte miteinander.

Ich weiß, das Wort „berührend“ habe ich bei meinen diesjährigen Messeberichten bereits mehrmals verwendet, doch ich kann nicht anders, als es wiederholt so zu beschreiben, denn ich war zutiefst berührt von dieser Performance und den Texten.

Der Slowenien Pavillon an diesem Samstag:

Der slowenische Büchertisch vor dem Ehrengast-Pavillon. Schön, dass viele Menschen sicherlich neue slowenische Autorinnen und Autoren entdeckt haben:

Draußen am Amnesty International Stand:

In der ruhigen Umgebung des Pressezentrums schrieb ich meinen gestrigen Bericht zu Ende und staunte beim Gang dorthin über die vollen Hallen. Am Messesamstag (die Fachbesuchertage sind seit gestern beendet und seit Freitag Mittag ist es eine Publikumsmesse) ist die Buchmesse immer gut gefüllt, doch dieses Jahr erlebe ich sie noch um einiges gefüllter als sonst. Die Buchbranche wird es freuen.
Eine Frau, mit der ich ins Gespräch kam, meinte so schön: „Ich sehe so viele junge Menschen, so viele junge Menschen, die buchbegeistert sind.“
Ja, das ist großartig. Wenn ich hier bin, denke und fühle ich immer wieder, das Buch lebt und wird geliebt.
Mein Blick vom ruhigen Pressezentrum aus auf die volle Agora:

Als ich später wieder hinausging entdeckte ich eine endlos wirkende Schlange. Weshalb standen diese vielen Menschen an? Signierstunde mit Sebastian Fitzek, wie immer hier sehr beliebt, wie ihr seht:

Ich freue mich immer, wenn ich lesefreudige Menschen sehe. Hier direkt eine ganze lesefreudige Familie, die neue Buchschätze erworben hat:

An dieser Stelle Danke allen Menschen, die mir so freundlich und vertrauensvoll ihre Erlaubnis gaben und geben, dass ich sie für diesen Blog und meine Berichterstattung fotografieren darf.

Auch heute wieder freute ich mich über lesende Menschen inmitten all des Trubels. Auch diese drei Leseratten fanden ein ruhiges Leseplätzchen und konnten in neue Lieblingsbücher eintauchen:

Marc-Uwe Kling, den viele sicherlich von den Känguru-Chroniken kennen, las aus seinem Roman „Der Spurenfinder“, eine Fantasy-Krimi-Komödie:

Viele lauschten seinen Worten:

Die“75 Stühle – 75 Geschichten“ im Sonnenschein der Agora:

Beliebt war auch Guido Maria Kretschmer, wie ihr seht:

Wie jedes Jahr gilt, dass ich viele tolle Buchvorstellungen nicht besuchen kann und viele lohnenswerte Diskussionsrunden verpasse.
Hier erlebte ich etwa nur das Ende, aus der Reihe „SHEROES – Streiterinnen für die Zukunft / Wir – angekommen und integriert?“ Die Moderatorin Jagoda Marinić sprach mit Isabel Schayani („Nach Deutschland. Fünf Menschen. Fünf Wege. Ein Ziel“) und Sineb el Masar („Sind wir nicht alle ein bisschen Almand?“), warum wir keine Identitätskrisen brauchen.

Äußerst beliebt war auch Otto Waalkes auf der Literaturbühne. Bärbel Schäfer sprach mit ihm über sein Buch „Ganz große Kunst – 75 Meisterwärke“.

Menschen meiner Generation sind mit dem Komiker Otto aufgewachsen. Was viele vermutlich wie ich nicht wussten, dass Otto acht Semester Kunst studiert hat. Otto hat sich nun an Meisterwerken aus der Kunst angelehnt und diese in seiner Art gezeichnet, mit dabei der Ottifant, der nach seinen humorvollen Worten bisher in der Kunst vernachlässigt wurde. So hat er 75 neue „Meisterwärke“ erschaffen, zu den 75 Bildern gibt es Begleittexte, natürlich mit viel Humor.
Otto sagte, sein Buch verstehe man auch, wenn man die Originale, die er parodiert, nicht kenne.
„Die Parodie ist die aufrichtigste Form der Bewunderung“, so Otto.
Während des Gesprächs tauchte auch auf, dass der Literaturkritiker Denis Scheck Otto als einen „Kunsträuber im liebevollen Sinne“ bezeichnet habe.
Auch für Bärbel Schäfer zeichnete er einen seiner berühmten Ottifanten:

Nach der Veranstaltung sagte Otto spontan, er zeichne auch für die Zuhörenden Ottifanten und es wurde lebhaft, wie ihr seht:

Wieder im Innenhof auf der Open Stage erlebte ich „Zeichenkunst und intelligenter Humor: Fix, @kriegundfreitag und meta bene“. Die drei Künstler waren im Gespräch über ihre Werke, ihre Herangehensweisen und Inspiration, über ihre Leidenschaft für das Zeichnen, ihre Bücher und über ihre unterschiedlichen Stile:

Am Abend ging es für uns zur Frankfurter Buchmesse Spezial- der Literaturgala. (Karin und Christiane, die ihr hier mitlest, dabei denke ich immer an euch, erlebten wir die Literaturgala doch hier vor einigen Jahren gemeinsam).
Von der Literaturgala berichte ich euch demnächst.

Aus Frankfurt grüße ich euch,
mit viel Dankbarkeit über all diese Eindrücke in mir,
Marion

Frankfurter Buchmesse – Tag 3 Teil 2

Am gestrigen Abend besuchten wir die lange ARD-Radiokulturnacht im hr-Sendesaal.
Die Moderatorin Catherine Mundt und Moderator Christoph Schröder führten durch den Abend.
Vorweg sagten sie, es werde ein breites Angebot an Büchern vorgestellt, die sowohl zum Nachdenken als auch schon mal zum Lachen anregen würden.
Im ausgebuchten und schönen Saal saßen die Menschen an den Tischen und hörten in dieser entspannten Atmosphäre den vielfältigen Buchvorstellungen zu.

Rafik Schami, der das Buch „Wenn du erzählst, erblüht die Wüste“ geschrieben hat, ist ein wunderbarer Erzähler. Mit seinem Buch entführt er die Leserinnen und Leser auf den Hof des Königs Salih und in eine Welt von 1001 Nacht.
Es ist immer eine große Freude, Rafik Schami im Gespräch zu erleben.
„Das Erzählen kann, wenn es gut geht, aus einer Sackgasse eine Kreuzung machen“, war einer seiner schönen Sätze.

Angelika Küssendorf folgte als nächstes im Gespräch zu ihrem Buch „Risse“.
Dieser Erzählband ist die Vorgeschichte zu ihrem vor zwanzig Jahren erschienenen Erfolgsroman „Das Mädchen“. In zehn Geschichten beschreibt Angelika Küssendorf über ein Kinderleben in der DDR in den 60er und 70er Jahren, das geprägt war von Geborgenheit und Sehnsucht.

Der Friedenspreisträger Navid Kermani sprach zu seinem Buch „Das Alphabet bis S“.
In diesem Buch verknüpft er die Grundfragen unserer Existenz, Geschlecht, Krieg und Vergänglichkeit mit Alltäglichem. Vorweg las ich, dass sein Buch sowohl ein Roman, Journal, Essay und Meditation gleichzeitig sei.
In dem Gespräch verraten so manche Autoren und Autorinnen auch private Dinge, so sagte Navid Kermani, dass er sein Smartphone morgens in den Briefkasten lege und es erst am Abend wieder hervorhole.

Die Journalistin Isabel Schayani berichtet in ihrem Buch „ Nach Deutschland. Fünf Menschen. Fünf Wege. Ein Ziel“ über Flüchtlingsschicksale.
Bei ihren Reportagen kommt sie den Menschen sehr nah und man habe das Gefühl, so die Moderatorin Catherine Mundt, „dass wir in die Seele der Menschen blicken“.
Isabel Schayani plädiert dafür, dass wir in den Debatten um Obergrenzen und ähnlichem nie vergessen dürften, dass wir über Menschen reden.

Thomas Hettche sprach zu seinem Buch „Sinkende Sterne“.
In dem Buch malt er die fantastischen Folgen einer Naturkatastrophe in den Schweizer Bergen aus. Sein Buch kreist um die Fragen, welcher Trost im Erzählen liegt und was es in den Umbrüchen unserer Zeit zu bewahren gibt.
„Schönheit der Natur ist Thema des Buches, Schönheit des Menschen ist Thema und Schönheit eines Textes ist Thema im Buch“, so Thomas Hettche.

Zwischen den Buchvorstellungen gab es immer wieder musikalische Einlagen vom Felix Fromm 4tet und wir genossen die Klänge:

Ronja von Rönne sprach zu ihrem Sachbuch „Trotz“.
In diesem persönlichen Buch beschäftigt sie sich mit dem Trotz und befreit ihn von seinen Vorurteilen. Sie beschreibt ihn von beiden Seiten und durchleuchtet nicht nur ihren eigenen Trotz, sondern auch den der anderen. Im Trotz zeige sich auch der positive Widerstand.
Sie möchte mit dem Buch dazu einladen, dass wir genauer hinschauen.

Während des Abends las Elke Heidenreich immer wieder Auszüge aus ihrem Buch „Frau Dr. Moormann und ich“ vor. Ein Buch, in dem es um eine nachbarschaftliche sogenannte Hassliebe geht. Herrlich humorvoll geschrieben und vorgetragen und so ertönte viel Lachen im Saal.

Die slowenische Gastlandautorin Maja Haderlap stellte ihr Buch „Nachtfrauen“ vor. In ihrem neuen Roman erzählt sie aus dem Leben dreier Generationen von Frauen, von ihren Verstrickungen in aufgezwungene und verinnerlichte Leitbilder und von ihrem Ringen um Autonomie.

Dana Vowinckel sprach zu ihrem Debütroman „Gewässer im Ziplock“.
Das Buch handelt von dem Leben einer jüdischen Patchworkfamilie. Es geht um einen Sommer zwischen Berlin, Chicago und Jerusalem sowie um Lügen, Glücksmomente, Enttäuschungen, Zuneigung und Schmerz.
Dana Vowinckel hat das Buch geschrieben, bevor die Hamas Israel angegriffen haben. Sie sprach in offener Art davon, was die aktuelle Situation in ihr bewege, auch im Zusammenhang mit ihrem Buch.

Und immer wieder gebanntes Zuhören in diesem Saal:

Nun erlebten wir die Büchnerpreisträgerin Terézia Mora mit ihrem Buch „Muna oder Die Hälfte des Lebens“, das für den Deutschen Buchpreis nominiert war.
In ihrem Roman schreibt sie, was geschieht, wenn man ein Leben führt, das man in Abhängigkeit von anderen führt. Es geht um die Beziehung zwischen Muna und Magnus. Im Laufe der Jahre nehmen Ungerechtigkeit und Gewalt zu, dennoch ist Muna nicht gewillt aufzugeben.

Tonio Schachinger, der diesjährige Gewinner des Deutschen Buchpreises war auch an diesem großen Bücherabend zu erleben.
Wie immer erfuhren die Zuhörenden viel Interessantes. So auch dieses Detail, dass er für sein vorheriges Buch ein Jahr gebraucht habe, bis er einen Verlag fand.
Und nun ist sein aktuelles Buch als das beste diesjährige Buch Deutschlands ausgezeichnet.

Jörg Maurer hörten wir nun zu seinem Krimi „Kommissar Jennerwein darf nicht sterben“. Über die Beziehung des Kommissars zu seiner Frau, mit der er ein Jahr verheiratet ist, sagte er: „Die haben sich nicht mehr viel zu sagen, die nicken nur.“ Dieses Buch ist der 15. Band dieser Krimireihe.

Steffen Kopetzky zu seinem Buch „Damenopfer“, darin erzählt er über ein weibliches Kapitel sowjetischer Geschichte:

Ilija Trojanow neuer und utopischer Roman heißt „Tausend und ein Morgen“.
Er beschriebt ihn so: „Der Roman ist ein spielerischen Umgang mit der Zukunft.“
Es ist ein Roman, der in sinnlichen Bildern und Geschichten von der unerschöpflichen Kraft unseres Denkens erzählt.
Er sagte weiterhin zu seinem Buch, es sei ein „Roman, der glaubt, dass es eine Zukunft und eine Hoffnung gibt.“ Es sei das „Öffnen eines Fensters in die Vielfalt der Möglichkeiten.“

Der bekannte Meteorologe Sven Plöger äußerte sich mit guten klaren Worten zur Klimakrise. Sein aktuelles Buch trägt den Titel „Zieht euch warm an, es wird noch heißer! Können wir den Klimawandel noch beherrschen?“ Mit Extrakapiteln zu Wasserstoff und Kernfusion taucht im Untertitel auf.
Zu später Stunde erzählt er anschaulich von unserer momentanen Situation.
„Wir haben kein Wissensproblem, wir haben ein Handlungsproblem“, so Sven Plöger und ich wünsche mir, dass viele Menschen ihm und seinem Buch zuhören.

Eine vielseitige Büchernacht ging zu Ende.
Ja, wie die beiden Moderator*innen zu Beginn sagten, es war ein breites Angebot an Büchern, die sowohl zum Nachdenken als auch zum Lachen anregten, definitiv.

Es grüßt euch aus Frankfurt,
Marion

Frankfurter Buchmesse – Tag 1

Nach der gestrigen Eröffnung war heute der 1. Tag der Frankfurter Buchmesse, der für das Fachpublikum geöffnet ist. Ab Freitag 14 Uhr ist die Buchmesse für Privatbesucher*innen geöffnet.

75 Stühle, die Montag in der Stadt Frankfurt aufgebaut waren, sind nun hier auf dem Innenhof, der Agora, zu finden. Hier können die Besucher*innen Platz nehmen und erfahren per QR-Code von persönlichen Geschichten von ganz unterschiedlichen Menschen und ihrer Verbindung mit der Frankfurter Buchmesse. Unter den Erzähler*innen befinden sich bekannte Namen ebenso wie unbekannte Namen von Besucher*innen und internationale Buchmesse-Freund*innen, und ebenso Namen von Menschen, die hinter den Kulissen für die Buchmesse aktiv sind. Gerne habe ich Platz genommen und viele Geschichten gelesen.

Auf der ARD ZDF 3SAT Bühne wurde Doris Knecht von Alexander Solloch zu ihrem Buch „Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe“ interviewt. Ihr Roman ist die Selbstbefragung einer Frau, die an einem Wendepunkt in ihrem Leben steht. Das Buch stellt die Frage, wie ist es, wenn das Leben noch einmal anfängt. Einer ihrer Sätze während des Gesprächs: „Ich wollte unbedingt ein positives Buch schreiben mit einem versöhnlichen Ton und das hat sehr auf mich gewirkt.“
Meine Buch-Wunschliste wächst…


Als Findesatz-Sammlerin sammle ich nicht nur Sätze von Autorinnen und Autoren, sondern auch Sätze von Menschen, die ich im Vorbeigehen hören. So sagte eine Frau zu ihrer Freundin: „Wir können gerade mal nach Slowenien gehen.“ Wunderbar, dank des Gastlandes Slowenien ist das möglich, auf der Buchmesse mal eben nach Slowenien zu gehen.

Als nächstes erlebte ich Philipp Oehmke im Gespräch mit der Moderatorin Anja Brockert zu seinem Buch „Schönwald“. Der Roman erzählt eine Familiengeschichte über zwei Generationen. Als die Tochter der Familie einen queeren Buchladen eröffnet, reist ihre Familie an und es kommen verdrängte Konflikte an die Oberfläche. Der Großvater der Tochter war früher bei der Wehrmacht. Nun kritisieren Aktivistinnen, dass die Frau den progressiven Buchladen aufgemacht habe, der auf Nazigeld aufbaue. „In dem Buch geht es um Wahrheit und Lüge und um die ganzen Abstufungen die es dazu gibt“, so die Moderatorin. Philipp Oehmke sagte, er mag das Genre Familiengeschichte, „da lässt sich im Kleinen erkennen, was in der Gesellschaft vorherrscht.“
Er las einen Ausschnitt aus seinem Buch vor.

Als Nächstes erlebte ich den frischgekürten Buchpreisträger Tonio Schachinger, der mit Cécile Schortmann über sein Buch „Echtzeitalter“ sprach. Der Protagonist in „Echtzeitalter“ ist Till, der ein elitäres, österreichisches Internat besucht. Er fühlt sich nicht wohl inmitten des snobistischen Umfelds und möchte lieber Profi-Gamer werden. Nach dem Tod seines Vaters findet er Zuflucht im Spiel „Age of Empires“ und gehört bald zu den weltweit besten Spielern. Doch das zählt nicht in der Welt der Erwachsenen. Da ich dieses Buch bereits habe, steht es nicht auf meiner Wunschliste, ansonsten würde es darauf stehen. Tonio Schachinger las eine Stelle aus dem Buch vor.
Im Gespräch erzählte er weiterhin, dass er einen handgeschriebenen Brief von einer 89-jährigen Frau erhalten habe, deren Enkel auf das Gymnasium gehe, das in dem Buch unter einem anderen Namen auftaucht. „Selten lösen Bücher so viel aus“, schrieb sie in ihrem Brief. Tonio Schachinger meinte, diese Aussage sei nicht so relevant wie der erhaltene Buchmessenpreis – auf die Verkaufszahlen bezogen – , dennoch sei diese Aussage für ihn relevant.
Cécile Schortmann sagte am Ende des Gesprächs zu seinem Buch, der ein großer Gesellschaftsroman sei: „Lesen Sie dieses Buch, es ist witzig, es ist rasant und es nimmt uns mit in die Welt des Gamings.“

Sina Scherzant wurde von Mona Ameziane zu ihrem Buch mit dem schönen Titel „Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne“ interviewt. In ihrem Debütroman schreibt Sina Scherzant darüber, wie es ist, wenn man aufhört, sich immer nach anderen zu richten. Es geht um die Geschichte einer jungen Frau, die den Mut findet, für sich einzustehen. Sina Scherzant ist Einigen vielleicht bekannt über ihren erfolgreichen Instagram Account alman_memes2.0, den sie gemeinsam mit ihrem Freund betreibt.

Das Thema Ukraine und der russische Angriffskrieg ist auf der Buchmesse präsent. Auch bei dieser bewegenden und schönen Ausstellung auf dem Innenhof:

Zum Messejubiläum hat der Duden dieses Werk gestaltet:

Nun erlebte ich Necati Öziri auf der Literaturbühne im Gespräch mit dem Moderator Michael Schmitt zu seinem Buch „Vatermal“. Der Roman stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Er handelt von einer Familiengeschichte über einen Sohn, eine Mutter und eine Schwester, deren Leben und Körper gezeichnet sind von sozialen und politischen Umständen. Auch er las aus seinem Buch vor. Neben dem guten Gespräch hörten wir nun gute Passagen. Das Buch trägt einen einladenden Erzählstil in einem schönen sentimentalen Ton, wie ich finde.
Ihr ahnt es, meine Buchwunschliste wächst…

Ausstellungen auf der Agora:

Die Agora von oben:

Wichtige Aussagen an einem Stand:

Nun erlebte ich Peter Wohlleben auf der Literaturbühne im Gespräch mit der Moderatorin Katty Sallie zu seinem Buch „Unser wildes Erbe – Wie Instinkte uns steuern und was das für unsere Zukunft bedeutet“. In seinem Buch gibt Peter Wohlleben Einblicke in die Natur des Menschen und fragt, wie es sein kann, dass das vermeintlich höchstentwickelte Wesen auf diesem Planeten seinen Lebensraum selbst zerstört. Anhand vieler Vergleiche zur Tier- und Pflanzenwelt zeigt er, dass wir nicht die Krone der Schöpfung sind, sondern die Evolution nach wie vor auch bei uns wirkt. Wenn wir die menschliche Natur verstehen, können wir neue Wege einschlagen, die eine lebenswerte Zukunft ermöglichen.
Peter Wohlleben sagte, er plädiere dafür, dass wir das Thema Klimaschutz emotional behandeln, im positiven Sinne, indem wir beginnen, dieses Thema mit positiven Emotionen zu besetzen.
Einige seiner guten Sätze: „Klimaschutz sollte so funktionieren, dass es die Glücksgefühle triggert.“
„Wir können irre viel machen und sollten nicht in Angst erstarren.“
„Klimaschutz muss Hirn und das Herz ansprechen.“
Ich erlebte Peter Wohlleben schon häufig hier auf der Buchmesse, immer wieder schafft er es, in einer begrenzten Zeit viel gutes und interessantes Wissen und Gedanken mitzugeben.
Er endete mit dem Satz: „Bleiben sie optimistisch.“

Hier seht ihr von links die Strafverteidigerin Christina Klemm („Gegen Frauenhass“) die hunderte Opfer geschlechtsspezifischer Verbrechen vertreten hat, daneben Jovana Reisinger („Menstruation“) die in ihrem Buch zeigt, welcher Frauenhass in Mythen und Schweigen über die Monatsblutung steckt, und daneben die Moderatorin Wiebke Porrombka.
Auf dem Foto stellen die beiden Autorinnen gerade dar, wie Frauen einander einen Tampon weiterreichen, „versteckt in einer Faust, so dass sich vermuten lässt, dass in den Händen entweder Drogen oder ein Tampon sei.“ Wie gut, wenn wir weg von dieser Tabuisierung kommen.
Es wurde darüber diskutiert, wie wichtig es ist, dass wir Wege aus der patriarchalen Gewaltspirale hinausfinden.

Also ich draußen umherging, sah ich, wie Jo Schück die Autorin Valery Tscheplanowa zu ihrem Buch „Das Pferd im Brunnen“ befragte, das alles, während sie aßen. Am Freitag wird diese besondere Buchvorstellung in Aspekte ausgestrahlt. Neben dem Buch gilt meine Bewunderung der Art, während eines Interviews so elegant essen zu können:

Der Kölner Illustrator Thorwald Spangenberg machte im Innenhof Pause und zeichnete. Was ein schöner Ort um kreativ zu sein.

Prominente sind immer wieder zu treffen, wie hier Helge Schneider:

An vielen Ständen gibt es immer wieder Lesungen und Gespräche, wie hier mit Axel Scheffler:

Gute Frage:

Einer meiner Lieblingsverlage, der Verlag Hermann Schmidt:

Und einer meiner Lieblingsmoderatoren, Gerd Scobel, der auf Literaturbühne mit dem Autor Frank Witzel über dessen Buch „Die fernen Orte des Versagens“ sprach. Ausgehend von Alltagssituationen beschreibt Frank Witzel einen bunten Strauß an Lebensentwürfen und gibt dabei ein Blick auf unterschiedliche Beweggründe menschlichen Handelns frei. Herr Rath, so heißt die Person in dem Buch, erinnert Gerd Scobel an Herr K, den wir von Bertolt Brecht kennen.
„Das Denken ist so interessant, dass es einen ein Leben lang beschäftigen kann“, so Frank Witzel.
Gerd Scobel beendete das Gespräch mit den Worten: „Ich hatte viel Spaß beim Lesen und den wünsche ich Ihnen auch.“
Übrigens erzählte Gerd Scobel, dass er, wenn er ein neues Buch beginne, zwar nicht das Ende lese, doch immer den Dank lese, der am Ende des Buches stehe. Das kenne ich auch und mache ich ebenso.

Ich besuchte den Stand der Deutschen Nationalbibliothek, der zum Mitmachen einlud, etwa Gedichte in Form eines Elfchen schreiben, Visionen zeichnen, ein Selfie machen oder mit Bauklötzen die Zukunft planen.
Viele Elfchen waren auch auf dem Bildschirm zu lesen. So was mag ich und macht für mich auch die Buchmesse aus, irgendwo unerwartet Gedichte lesen, wunderbar!
Und gerne habe ich mich einladen lassen und auch ein Elfchen geschrieben.

„Mein Nachbar auf der Wolke“ heißt der schöne Titel eines Lyrikbuchs und die nächste Veranstaltung hieß ebenso. Es war eine Lesung und ein Gespräch über die slowenische Poesie mit der Lyrikerin Miljana Cunta (auf dem Bild sitzt sie noch rechts), dem deutschen Kurator des Gastlandes Matthias Göritz und Ernst Osterkamp, dem Präsidenten der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. In Slowenien gilt Dichten seit jeher als eine Überlebensstrategie und gemessen an der kleinen Bevölkerungszahl gibt es eine große Fülle an lyrischen Stimmen, das machte diese Veranstaltung deutlich.

In der Stadt gibt es an verschiedenen Leseorten die Open Books, das Lesefest zur Buchmesse. So besuchte ich am Abend die Veranstaltung in der Deutschen Nationalbibliothek „Warum noch Bücher lesen? Das Ljubliana Manifest“.
Die Autoren Durs Grünbein, Matthias Göritz und Aleš Šteger sprachen über das Buch und das Lesen als Erkenntnis- und Erlebnisform. In dem Gespräch tauchte auf, dass Lesen eine heilsame Wirkung habe, in dem es so entgegengesetzt ist, zu der Reizüberflutung, der wir Menschen so häufig ausgesetzt sind. Das Gespräch zwischen den Dreien trug eine schöne, behutsame und ruhige Atmosphäre.

Das Gespräch machte deutlich, dass auch im Zeitalter des Digitalen, dass Lesen das beste Werkzeug ist, das wir für unser Denken haben. Wenn wir Literatur lesen, dann hilft uns das, andere in ihrer Besonderheit zu begreifen. Bücher lehren Empathie.
Dem stimme ich zu und hoffe, dass viele der großartigen Bücher, die hier auf der Buchmesse zu finden sind, gelesen und geliebt werden.

Es grüßt euch aus Frankfurt,
Marion



Mein Bericht von der Leipziger Buchmesse – Teil 4

Heute berichte ich von meinem vierten und damit letzten Tag auf der Leipziger Buchmesse.
Auch an diesem Tag war zu spüren, dass viele Menschen Bücher lieben.

Die Zahlen sagen, dass 274.000 Besucher*innen vom 27. bis 30. April in den Messehallen und beim Festival „Leipzig liest“ unterwegs waren. 2082 Aussteller und Verlage aus 40 Ländern und mehr als 3200 Mitwirkende aus aller Welt haben bekannte und neue Buchmesseformate gestaltet.
Ich finde, es war während der ganzen Woche zu spüren, wie froh die Menschen waren, dass die Leipziger Buchmesse – nachdem sie dreimal abgesagt wurde –wieder stattgefunden hat. Es war eine fühlbare Buchmesse-Freude.

Immer wieder entdeckte ich Bücher, die ich gerne lesen möchte:

Am österreichischen Stand besuchte ich die Veranstaltung „Zwischen Engagement und Unterhaltung.“ Manuel Ruby wurde von Günter Kaindlstorfer zu seinem Buch „Der will nur spielen“ interviewt. Manuel Rubey hat im Zuge seiner musikalischen Lesereise viele österreichische Orte besucht und nimmt in seinem Buch die Leser*innen mit auf Tour. Er teilt Erinnerungen und regt an, selbst kreativ zu sein. Auch hier erlebte ich ein gutes und inspirierendes Gespräch.
„Ihr Buch ist ein Appell, ein beglücktes Leben zu leben.“, so der Moderator. „Die Umwege, die Langsamkeit, das Spazierengehen, sich am Tag nicht zu viel vornehmen, könnte zumindest ein erster Schritt sein.“, so Manuel Ruby.

Schön war es, unerwartet Menschen zu treffen, die ich kenne. So begegnete ich Birgit Bodden, mit der ich vor einigen Jahren gemeinsam ein Schreibseminar erlebt habe. Sie las später aus ihrem Buch „Schwarze Perle. Die Geschichte einer äußerlichen und innerlichen Reise“:

Danach erlebte ich „Best of Druckfrisch“ mit Denis Scheck. In gewohnt temporeicher Art stellte der Litertaturkritiker viele Bücher vor und gab Leseempfehlungen. So empfahl er beispielsweise „Victory City“ von Salman Rushdie, „Oben Erde, unten Himmel“ von Milena Michiko Flašar oder „Einzeller“ von Gertraud Klemm.
 „Wenn Sie eine Liebesgeschichte lesen wollen, bei der kein Auge trocken bleibt und wo sie mindestens ein Päckchen Tempos brauchen, dann empfehle ich Ihnen den Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch. Wer da nicht weint, hat ein Herz aus Stein. Das ist die Geschichte von zwei, die füreinander bestimmt sind und sich doch verfehlen. Wie das geht, das kann ich Ihnen jetzt nicht erzählen, das müssen Sie selbst lesen in: Wir haben es nicht gut gemacht.“, so Denis Scheck.
Am Ende empfahl er mit diesen Worten das Buch „Peanuts“: „Die Peanuts ist in meinen Augen der wichtigste Comicstrip der Welt. Wenn Charlie Brown, der kleine kahlköpfige Junge mit den abstehenden Ohren, der niemals das Herz des kleinen rothaarigen Mädchens erobern wird, mit seinem Hund, dem Beagle Snoopy, auf der Mole sitzt und Charlie Brown zu Snoopy sagt: ‚Eines Tages werden wir alle sterben‘ und Snoopy erwidert: ‚Ja, aber heute nicht‘, dann ist das kürzeste Trost, den Ihnen Literatur anbieten kann.“

Thomas Böhm erzählte im Gespräch mit Katrin Schuhmacher zu seinem Buch: „Die Wunderkammer des Lesens“. Was Lesen alles ist, zeigt dieses Buch. Es ist eine Liebeserklärung ans Lesen, von der Poesie des Umblätterns, zu Lesebräuchen oder 100 Büchern die David Bowie geprägt haben, bis zu wissenschaftlichen Erkenntnissen über das Lesen. Ein schönes Gespräch, das Lust auf dieses Buch machte.
Auch Astrid Lindgren tauchte in dem Gespräch auf: „Die Bücher von Astrid Lindgren, das ist allerallerfeinste Weltliteratur. Wir denken das ist für Kinder, aber das sind Bücher, die sind von einer solchen tiefen Weisheit und einer Menschenliebe geschrieben, das ist absolut fantastisch.“
In einem Kapitel hat Thomas Böhm aus Gedichten Verse zusammengesammelt, die vom Lesen handeln. „Was wäre ein Buch ohne Lyrik?“ so Thomas Böhm.

Auch das ist Buchmesse, mit buchliebenden Menschen miteinander ins Gespräch zu kommen, das geschah immer wieder.

Hier konnten die Besucher*innen ihre Lieblingsbuchhandlung aufschreiben:

Entdeckt ihr eure Lieblingsbuchhandlung? Wenn nicht, schreibt sie gedanklich dazu.

Ein Eindruck vom Messegelände im Innenbereich:

Und ein Eindruck vom Außengelände:

Der sympathische John von Düffel stellte im Gespräch mit Eva Schmidt sein Buch „Das Wenige und das Wesentliche. Ein Stundenbuch“ vor. Das Buch ist eine Einladung, über das nachzudenken, was im Leben wesentlich ist. Es lädt zur Reflexion über Konsum und Zeit ein.
„Es ist eine sehr persönliche gedankliche Auseinandersetzung und jede Person, die das Buch liest, hat die Zwischenräume, sich damit in Wechselwirkung zu begeben.“, so John von Düffel.
„Es geht darum, ein Gespür für seine Bedürfnisse zu entwickeln, was reicht mir und was ist mir genug und herauszufinden, was brauche ich, welche Bedürfnisse sind die meinen. Es ist eine Einladung, über sich selbst nachzudenken.“, sagte John von Düffel.

Auf dem Messegelände hat die Buchhandlung Hugendubel einen großen Stand. Dort und am Stand von DUMONT, in dem Verlag das Buch erschienen ist, war das Buch von John von Düffel am Nachmittag bereits ausverkauft. Doch zum Glück gibt es die heimischen Buchhandlungen.

Die bekannte Dora Heldt wurde zu ihrem Buch „Drei Frauen und ein falsches Leben“ interviewt:

Viele Kameraleute wirkten mit:

Überall gab es Botschaften zu lesen:

Schöne Kostüme:

Ein Blick vom Messegelände auf das Außengelände:

Passend zum Gastland Österreich gab es Kostüme:

Am österreichischen Stand war David Schalko im Gespräch mit Katja Gasser zu seinem Buch „Was bringt der Tag“. In seinem Roman geht der Regisseur und Autor der Frage nach, wer wir sind ohne Arbeit und was uns letztendlich ausmacht.
„Ich glaube, dass wir uns immer mehr in den nächsten Jahren die Frage stellen werden, was wir mit dem Tag machen.“, so David Schalko in dem Gespräch.  
Ein weiterer seiner Sätze: „Wir müssen in diesen Zeiten über die Dinge reden, die wir als nicht realisierbar betrachten, weil wir die realisieren müssen. Denn sonst wachen wir in einer Realität auf, die wir sicherlich nicht wollen.“

Mitmachaktionen auf der Buchmesse mit schönen Botschaften:

Am Stand Café Europa fand die Veranstaltung „Geschichten, die wir uns erzählen: Erinnerung, Amnesie und das Trauma des Krieges“. Es wurde der Frage nachgegangen, wie das Erzählen die Gegenwart und die Zukunft bestimmt:

Meine letzte Veranstaltung führte mich zur Lyrik Happy Hour:

Gerne stelle ich euch noch meine Lieblingsmaschine auf der Buchmesse vor. Am kreativen schönen Stand der Buchkinder gab es diese Zeichenmaschine:

In der Maschine saßen Kobolde, wenn jemand die Maschine mit Münzen oder Keksen fütterte, sich davor setzte, wurde man von den Kobolden in der Maschine gezeichnet. Klar, das habe ich gemacht.

Hier das Ergebnis der tollen Zeichenmaschine:

Irgendwann geht jede Buchmesse zu Ende.
Doch nach der Buchmesse ist vor der Buchmesse:

Dankbar blicke ich auf eine erfüllte Woche zurück. Ich erlebte wunderbare Bücher, tolle Veranstaltungen, großartige Interviews, gute Gespräche, Berührendes, Humorvolles und viel Buchliebe.
Die Buchmesse ist eine Fundgrube an wunderbaren Sätzen, was mich als Sätzesammlerin sehr freut.
Ich bin sehr dankbar, dass wir Menschen einander Geschichten erzählen, sie aufschreiben und dass wir lesende Menschen sind.
Ich erlebte die Buchmesse als einen Ort, der die dringlichen Themen der Zeit anspricht und in kluger Weise Hoffnung gibt. Ich nehme viel Zuversicht, Inspiration und Buchliebe mit.

Es grüßt euch mit vielen Eindrücken der Leipziger Buchmesse, die noch nachwirken,
Marion

Mein Bericht von der Leipziger Buchmesse – Teil 3


Heute berichte ich von Samstag, meinem dritten Tag auf der Leipziger Buchmesse.
An diesem Tag war die Messe sehr gut besucht. Das Schöne daran: Es gibt sie, die vielen vielen Buchliebhaber*innen.
Wie auch an den Tagen zuvor, hatte ich mir ein Programm zusammengestellt und wie immer wich ich davon ab, da sich vieles spontan ergab. Es gibt sicherlich viel Großartiges auf der Buchmesse, dass ich nicht gesehen habe, doch das, was ich erlebt habe, beglückt, inspiriert mich und wirkt nach.
Beim Gang durch die Hallen klangen viele verschiedene Sprachen an mein Ohr. Schön, dass eine Buchmesse immer international ist.

Ich besuchte am Morgen die Veranstaltung „Zeitkapsel. Leipziger Buchmesse 2023 sammeln“. Eine Studierendengruppe hat alles gesammelt, was in einem direkten Zusammenhang mit der diesjährigen Leipziger Buchmesse steht, und keine ISBN hat. Auf diese Weise schaffen sie eine Zeitkapsel, die nachfolgenden Generationen Auskunft geben soll über die Buchbranche in diesen Zeiten. Die Studierenden erzählten davon, wie sie alle Stände entlanggegangen sind und Materialien eingesammelt haben, von Verlagsprogrammheften bis zu Stofftieren. Was die Menschen, die diese Zeitkapsel in vielen Jahren finden werden, wohl zur Buchmesse 2023 sagen werden? Ein spannendes Projekt.

„Das Buch habe ich ganz langsam und ganz sparsam gelesen und möchte es am liebsten nochmal lesen, weil da so viel drinsteckt“, so kündigte Ariane Binder das neue Buch von Helga Schubert „Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe“ an. Ein Buch, in dem Helga Schubert die Liebesgeschichte zu ihrem Mann beschreibt. 50 Jahre lebten sie zusammen, bevor ihr Mann schwer krank wurde und nun zuhause palliativ umsorgt wird. Es geht in dem Buch um das gemeinsames Altwerden, um Fürsorge und Trost und um viel Liebe. Es war wunderbar der sympathischen Autorin zuzuhören. Sie erzählte auch davon, wie sie es erlebte, im Jahr 2020 mit 80 Jahren mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet zu werden.
Eine Buchmesse zu besuchen, ohne dass meine Buch-Wunschliste wächst, geht einfach nicht.

Auch das nächste Interview war sehr humorvoll. Die Moderatorin Cécile Schortmann war im Gespräch mit der temperamentvollen Adriana Altaras zu ihrem Buch „Besser allein als in schlechter Gesellschaft. Meine eigensinnige Tante“. Adriana Altaras erzählt in dem Buch von ihrer eigenwilligen Tante, die 101 Jahre alt wurde und die die spanische Grippe, das KZ und ihre norditalienische Schwiegermutter überlebte. Sie schreibt über eine liebevolle Beziehung zu ihrer Tante.
„Ich habe fast gedacht, sie stirbt gar nicht mehr“, so Adriana Altaras. „Die guten Zeiten gehen vorbei, doch die schlechten auch“, war ein weiterer ihrer Sätze. Über die Beziehung ihrer Mutter zu ihrer Tante sagte sie: „Meine Mutter hat jeden Sonntag zwei Stunden mit meiner Tante telefoniert und sie haben sich zwei Stunden angeschrien, also schon eine Form von Freundschaft.“
Ein Mann, der neben mir saß, sagte: „Die Frau ist echt der Hammer.“ Ja, recht hat er. Sie trägt übrigens den Spitznamen Adrenalina.

Heute war die Ruheoase der #buchbar gut gefüllt:

Fabienne Schovenberg las aus ihrem Buch „Ist die Welt noch zu retten | Die Welt ist noch zu retten. Auf der Suche nach Motivation beim Weltverbessern“:

Im Vorbeigehen sah ich die Veranstaltung „Glück im Unglück.“ Der Autor und Tagesschau-Sprecher Constantin Schreiber geht in seinem Buch der Frage nach, wie es sich in Zeiten von Krieg, Klimakrise, Inflation und Pandemie mit dem Glück verhält. Er besuchte Menschen und Orte, die glücklich machen.

Nun führte mich mein Weg erneut zu dem podcast detektor.fm:

Hier war die renommierte Energieökonomin Claudia Kemfert zu erleben, die Leiterin der Abteilung Energie Verkehr Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsförderung Berlin. Seit vielen Jahren warnt Claudia Kempfert vor der Klima- und Energiekrise. In ihrem aktuellen Buch „Schockwelle. Unsere letzte Chance für sichere Energie und Frieden“ schreibt sie, dass uns nur ein kleines Zeitfenster bleibt, um den Krisen entgegenzuwirken. Sie benennt die Verantwortlichen für die verfahrene Situation und die Chancen, die wir noch haben, um uns aus den Abhängigkeiten zu befreien und ein friedliches Zusammenleben zu gewährleisten. Claudia Kemfert ist eine Wissenschaftlerin, die sich seit Jahren unermüdlich für Klimagerechtigkeit einsetzt. Sie erzählte, dass sie sich zum Teil vorkomme wie in dem Film „Und ewig grüßt das Murmeltier“, weil sie ihre Forderungen und Warnungen seit so vielen Jahren wiederhole. Sie blicke dankbar auf die junge Generation und all die Menschen, die sich so stark für das Klima und eine lebenswerte Zukunft einsetzen.

Signierstunden gibt es auch immer wieder auf der Buchmesse, wie hier von der Autorin Alice Pantermüller und der Illustratorin Daniela Kohl von den Büchern „Lotta-Leben“.

Beim Gang durch die Hallen gab es Vieles zu entdecken.
So etwa der schöne slowenische Stand:

Eine Freude war es, viel schöne Lyrikbücher auf der Buchmesse zu entdecken:

Weiterhin sah ich lange Signierschlangen:

Eine Buchmesse ohne vorgetragene Lyrik ist zum Glück undenkbar:

Debattieren auf der Buchmesse zu der Frage „Glück – Was ist wichtiger? Spaß oder Sinnerleben?“:

Erneut ging ich zum Podcast-Stand, der wie immer gut besucht war:

Und hörte Stevie Meriel Schmiedel (im Bild rechts) zu, der Gründerin von Pinkstinks, zu ihrem Buch „Jedem Zauber wohnt ein radikaler Anfang inne. Warum uns ein bisschen Genderwahn guttut.“:

Wo Seabastian Fitzek war, war es immer voll, er hat eine große Fangemeinde. Hier erzählt er zu seinem Buch „Elternzeit“:

Das Außengelände lud die Besucher*innen immer wieder zu Pausen ein:

Die #buchbar auf der Leipziger Buchmesse finde ich ein wunderbares Konzept. Kern der #buchbar ist der sogenannte community table, ein langer Tisch, an denen zu festgelegten Zeiten jeweils sechs Autor*innen und das interessierte Publikum Platz nehmen und bei Kaffee, Croissants und Kuchen miteinander erzählen können. Ergänzend dazu gibt es moderierte Gespräche mit Autor*innen an der Bar. Bei der Veranstaltung, die ihr hier seht, ging es um das „Glück des Schreibens“, mit dabei John von Düffel, Alex Beer, Hugo Hamilton, Antje Niendorf, Noah Martin und Piet van Hoorn:

Beim Podcast-Gespräch hörte ich Jana Crämer, die zu ihrem autobiografischen Buch „Jana, 39, ungeküsst“ erzählte. Sie ist früher gemobbt worden, wog 180 Kilo und mochte sich selbst nicht. Im Buch beschreibt sie, wie sie lernte, nicht mehr viel darum zu geben, was andere von ihr denken und sich selbst anzunehmen. „Es gab immer wieder so kleine Momente, in denen ich gemerkt habe, dass ich die Dinge, die ich früher so sehr an mir gehasst habe, eigentlich die Ecken und Kanten sind, die ich inzwischen ganz besonders an mir liebe.“ „Ich lerne die kleinen Besonderheiten meines Körpers total zu schätzen.“ „Mein Körper ist weit weg davon, ideal zu sein, er hat trotzdem verdient, das ich ihn liebe.“ waren einige ihrer Sätze. Ein Buch, das sicherlich vielen Menschen Mut macht.

Am Abend besuchte ich die Bibliotheca Albertina in der Stadt und erlebte Arno Geiger mit dem Moderator Alexander Solloch. In seinem aktuellen Buch „Das glückliche Geheimnis“ gibt Arno Geiger sein Geheimnis preis, denn mit Mitte 20 begann er, in Papiercontainern zu wühlen und Müll zu sammeln, um entdeckte Schätze auf Flohmärkten zu verkaufen. Damals war er ein erfolgloser Schriftsteller und bestritt damit seinen Lebensunterhalt. Auch als er ein erfolgreicher Schriftsteller wurde, hat er sein Geheimnis weiter betrieben, indem er frühmorgens mit dem Rad losfuhr, um Papiercontainer zu durchwühlen. Er erzählte darüber, was ihm das bedeutet hat. Es war auch ein Gegengewicht für ihn zur erfolgreichen Welt. Ihm zuzuhören, war sehr schön und auch auf dieses Buch freue ich mich sehr.
Einer seiner Sätze an dem Abend: „Wenn die Uhr nicht ticken würde, dann würden wir alles aufschieben. Dass wir Kinder der Zeitlichkeit sind, dass das Leben vergänglich ist, macht das Leben auch schön.“

Zum Abschluss des Tages besuchte ich die Veranstaltung „Übers Wasser gehen. Ukraine-Tag der Bundeszentrale für politische Bildung.“ Hier erlebt ich mit vielen anderen Menschen ukrainische Musik, Gesang, Poesie:

Auch ukrainisches Essen und Getränke gab es dazu:

Damit ging ein erfüllter wunderbarer 3. Buchmessen-Tag zu Ende, an dem ich mehrmals dachte:

Morgen berichte ich euch vom 4. und damit letzten Tag der Leipziger Buchmesse.