Gedanken teilen

Heute möchte ich einmal etwas außerhalb der Reihe schreiben.
Zu Beginn des Jahresprojekts habe ich überlegt, ob das der geeignete Zeitpunkt ist, wieder Findesätze zu sammeln, also Sätze, die ich an dem jeweiligen Tag irgendwo live höre und die ich dann aufschreibe. Ich wusste schließlich darum, dass wir noch eine Weile von Covid-19 umgeben und damit auch Einschränkungen verbunden sind, was bedeutet, weniger im Außen und weniger unterwegs zu sein. Ich ahnte zwar, dass meine Familie, die mich hier direkt umgibt, mir immer wieder wunderbare Sätze schenken wird, aber mir war klar, dass ich nicht jeden Tag einen Satz meines Mannes oder meiner Kinder aufschreiben möchte.
Nun sind die ersten Wochen des Jahres bereits um und ich bin gerade sehr dankbar und glücklich, da ich spüre – auch durch das Projekt des Sätzesammelns – wie reichhaltig das Leben ist. Auch jetzt, auch in dieser Zeit. Mir kommen täglich viele schöne, bemerkenswerte Sätze entgegen. Es geht mir sogar manchmal so, dass ich an einem Tag viele aufhebenswerte Sätze höre und mich entscheiden muss, welchen ich nehme. Und das liegt nicht nur daran, dass ich eine redefreudige Familie um mich herum habe.
Ich stelle fest, dass das Leben auch nun weiter geht mit Austausch, mit Gedanken, mit Gesprächen, mit einem Miteinander und Voneinander lernen, mit Bereicherungen, mit dem Glück der Gemeinschaft. Wir können nicht all das machen, was wir sonst machen würden, doch es ist auch weiterhin sehr vieles möglich, davon bin ich überzeugt.
Ich gehe mit einzelnen Freundinnen mit Sicherheitsabstand spazieren oder ich telefoniere mit Familienangehörigen oder Freunden und bin zu digitalen Treffen verabredet. Dabei wandern viele wunderbare Sätze hin und her. Ich nehme an Online-Kursen teil, bei denen gute, bewegende Gespräche stattfinden. Es gibt eine Vielzahl von großartigen Angeboten im Internet. Ich mag auch Ruhe und Zeiten, in denen nicht viel um mich herum stattfindet, doch ich mag es auch Inspirationen und Anregungen von außen zu erhalten. Und das alles können wir weiterhin erleben.
Deshalb meine Anregung an alle, die vielleicht gerade Austausch und Begegnungen vermissen, geht mit nahen Menschen spazieren, werdet kreativ, entdeckt was alles möglich ist, probiert Neues und fühlt, wie schön dieses Leben und ein Miteinander ist, auch jetzt.

Eure Marion

Findesatz-Gedicht 14

Seitdem ich meinen Mann kenne
kenne ich das Wort Langeweile nicht mehr
sagte sie lachend
Sie malen das Leben des anderen an
ohne die eigene Farbe zu verlieren
Sie springen ins Ungewisse
wissen, da ist eine Hand, die hält
Sie vertrauen
dem Neuen
sich
und einander
Das Leben schenkte viele Stationen
An jedem Ort liefen sie barfuß
über Wiesen
pflückten Blumen
sangen bis zu den Sternen
weinten gemeinsam
bauten Hüte aus Papier
stiegen in Brunnen
fanden Lieblingsbänke
und besuchten Marktstände
All das Gestrige in sich tragend
neugierig auf das Morgen
schauen sie dem Heute lachend ins Gesicht
Auch hier wird eine Bank zur Lieblingsbank werden
und ihrem Leben leise zuhören