Nach der gestrigen Eröffnungsfeier, war heute der 1. Tag der Frankfurter Buchmesse.

Die Gänge sind leer, da die Buchmesse ohne Publikum und überwiegend digital stattfindet. Mit einer Handvoll anderen Presseleuten war ich tagsüber im Festsaal und konnte verschiedenen Buchmessengesprächen beiwohnen.
Der Tag begann auf der ARD-Messebühne mit einem Gespräch mit den Autoren Verena Keßler, deren neues Buch „Die Gespenster von Demin“ heißt, Ijoma Mangold, dessen Buch den Titel „Der innere Stammtisch“ trägt, und dem Moderator Ulrich Kühn.

Danach wurde umgebaut für die nächste Veranstaltung:

Oder doch andersherum, damit Denis Scheck die Buchtitel lesen kann?

Nun also kam Denis Scheck mit „Best of Druckfrisch“. In seiner gewohnt temporeichen Art gab er Buchempfehlungen. Erfreut hat mich sehr, dass er mit Lyrik startete. Auch wenn er sich zu Beginn negativ zu Julia Engelmann äußerte, deren Gedichte und Art ich mag. Er lobte Louise Glück, die vor ein paar Tagen den Literaturnobelpreis erhielt und las aus einem ihrer Gedichtbände vor. Auch andere Lyriker stellte er vor, in dem er aus ihren Werken vorlas. Schön war es, in dieser – zwar leeren – Festhalle, Gedichte zu hören. Hiernach stellte Denis Scheck verschiedene Romane vor, von denen ich hier nur einige nenne, so etwa Christoph Peters „Dorfroman“, in dem es um eine Jugend im Zeitalter der Anti-Atomkraft-Bewegung geht oder das Buch von Kristof Magnusson „Ein Mann der Kunst“, der sich in satirischer Art mit den Kunstbetrieb befasst. Der Roman von Michael Wildenhain „Die Erfindung der Null“ handelt vom Aufstieg und Fall eines Mathematikgenies. Denis Schenk endete seine Buchvorstellung mit den Worten „Vertrauen Sie keiner Literaturkritik, vertrauen Sie keiner Literaturkritikerin, sondern vertrauen Sie Ihrer eigenen literarischen Intelligenz, die Bücher sind dazu da, dieselbe an ihr zu schärfen.“

Später hörte ich dem Gespräch zwischen der Moderatorin Marion Kuchenny und Julia Finkernagel zu, die über ihr Buch „Immer wieder Ostwärts – Oder wie man in der Transsibirischen Eisenbahn duscht, ohne seekrank zu werden“ erzählte. Wenn ich nicht schon zuvor den Wunsch gehabt hätte, mal mit der Transsibirischen Eisenbahn zu fahren, hätte ich ihn spätestens nach diesem Gespräch. Julia Finkernagel sagte den schönen Satz, den sie beim Reisen und im Umgang mit anderen Kulturen und zunächst fremden Menschen erfährt: „Wir haben alle einen ähnlichen Kern, der uns miteinander verbindet.“

Die frischgekührte Gewinnerin des Deutschen Buchpreises 2020, Anne Weber, konnte ich hiernach erleben, die im Interview mit Cécile Schortmann zu ihrem Buch „Annette, Ein Heldinnen Epos“ erzählte und daraus vorlas:

Im Gespräch zwischen der Moderatorin Marion Kuchenny und der Autorin Gabriele Krone-Schmalz ging es um das Buch „Respekt geht anders – Betrachtungen über unser zerstrittenes Land“. Hierbei fiel der gute Satz von Gabriele Krone-Schmalz: „Reale Menschen kennenzulernen ist das beste Mittel gegen Feindbilder.“

Nun folgte ein amüsantes Gespräch zwischen der Moderatorin Bärbel Schäfer und dem Autor Harald Martenstein, über dessen aktuelles Buch „Berlin in hundert Kapiteln, von denen leider nur dreizehn fertig wurden“, das er gemeinsam mit Lorenz Maroldt schrieb.

Ein weiteres gutes Gespräch fand zwischen der Moderatorin Alina Abboud, dem Autor Dirk Pohlmann, der das Buch „Die Ökokatastrophe“ gemeinsam mit Jens Wernecke herausgegeben hat, Eva von Recker, die das Buch „Revolution für das Leben: Philosophie der neuen Protestform“ geschrieben hat und der Filmemacherin Mirjam Leuze statt. Es gab Einspieler ihres Films „Der Wal und der Rabe“. Ich zitiere gerne einen Satz von Dirk Pohlmann, der während des Gesprächs fiel: „Ohne Systemwandel ist der Klimawandel nicht aufzuhalten.“ Das Gespräch verdeutlichte die Wichtigkeit, sich für einen Wandel einzusetzen. Die Filmemacherin und die beiden Autoren zeigten sich als engagierte Menschen. Der bewegende Film „Der Wal und der Rabe“ war heute Abend auf Arte zu sehen, ich hoffe, es gibt ihn in der Mediathek und ich lege ihn allen, die hier lesen, ans Herz. (Ergänzung: Ich habe inzwischen nachgesehen, es gibt den Film in der Mediathek bei Arte.)



Danach erlebte ich Peter Stamm („Wenn es dunkel wird“) mit dem Moderator Martin Maria Schwarz. In dem Interview fiel der Satz von Peter Stamm: „Im Normalen ist viel mehr Außergewöhnlichkeit als im Extremen.“

Die Eröffnung des Weltempfangs „Europa – Kulturen verbinden“ fand am späten Nachmittag statt, hierbei ging es um einen Austausch und um das Verhältnis zwischen Politik und Kultur.

Am Abend ging es für mich zum Bookfest city, das an verschiedenen Orten in der Stadt stattfindet. In der Matthäuskirche stellten Daniel Al-Kayal und Jakob Nehls ihr Buch „Ihr habt keinen Plan, darum machen wir einen!“ vor, das sie gemeinsam mit sechs anderen jungen Menschen geschrieben haben. Angesichts schwindender Ressourcen stellen sie in dem Buch Forderungen nach einem nachhaltigen Klima- und Umweltschutz. Ihre konkreten Forderungen haben sie mit den Erkenntnissen vieler Wissenschaftler*innen abgeglichen, mit denen sie sich getroffen haben. Sie machen deutlich, dass die Forderungen faktisch umsetzbar, bisher jedoch politisch nicht gewollt sind. In der anschließenden Diskussion fiel der schöne Satz von Jakob Nehls: „Ökologisches Leben macht Spaß, es macht viel mehr Spaß mit dem Rad durch die Stadt zu fahren als mit dem SUV.“ Die Essenz des Buches fassten die beiden zusammen: „Es ist möglich, doch es schwierig, also lasst es uns anpacken.“ Sympathische engagierte Menschen konnte ich hier erleben, deren Buch ich viele Leser*innen wünsche.

Zum Abschluss des Tages ging ich zum Haus des Buches (was ein schöner Name). Auch hier waren die Sicherheitsvorkehrungen in diesen Corona-Zeiten eingehalten:

„Lies! Das Buch Literatur in einfacher Sprache“ wurde vorgestellt. Der Referent Hauke Hückstädt hat Schriftstller*innen eingeladen, Geschichten in bewusst einfacher Sprache zu verfassen, damit sie vielen Menschen zugänglich sind. Einer der Autoren, Kristof Magnusson, las aus dem Buch vor. Das Buch hat eine Sprache, die nicht verästelt und kompliziert, sondern leicht verständlich ist, ohne dabei seinen Anspruch zu verlieren. Ein interessantes Projekt, das auch in der Inklusionsarbeit angewendet wird.

Der erste Messetag ging zu Ende. Mein Gefühl, dass es viele wunderbare Bücher gibt, bleibt.
Vielen Dank für die Reportage über diese neuartige Veranstaltung!
Wir haben doch alle einen ähnlichen Kern – wohl wahr….
Gruß von Sonja
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Ja, das ist doch ein aufhebenswerter Satz, wie so viele andere, die ich hier höre! Schön, dass du hier liest und teilhast.
Liebe Grüße, Marion
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Dankeschön für diesen ausführlichen Einblick!👍
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Sehr gerne. Schließlich bin ich hier, um davon zu berichten.
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Interessant dein Messebericht!
Das Buch mit der Erfindung der Null muss ich mir mal genauer unter der Leselupe betrachten 🤗
Danke für den Hinweis!
Herzliche Morgengrüße vom Lu
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Es wundert mich Null Prozent, dass du dir das Buch genauer anschaust, ein richtiges Lu-Buch scheint das zu sein.
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Danke, dass Du uns teilhaben lässt an Deinen Buchmesse-Erlebnissen. Ich freu mich auf Deine nächsten Berichte, ingrid
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Schön, dich hier zu lesen und liebe Grüße!
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Schön, dass du dort bist! Ich erinnere mich gerne an das letzte Jahr 😁👍
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Daran denke ich in diesen Tagen auch oft. Ich hoffe sehr, dass wir uns zur Buchmesse in 2021 hier wieder treffen!
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Hast recht, das ist ein guter Wunsch für das neue Jahr, dass die Umstände dann so sind … 😁👍
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Ich hoffe es sehr!
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Pingback: Frankfurter Buchmesse 1. Tag — FindeSatz – Literaturgarten
Danke für Deinen tollen Bericht! Ich hab ihn gern geteilt !
Herzlich Angela vom Literaturgarten
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Was mich freut. Liebe Grüße von der Buchmesse!
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Wie schön Dein Überblick über all das,
was Du an einem Tag Buchmesse nun schon erlebt hast, liebe Marion!
Welches Buch würdest du denn von all denen, um die es ging, empfehlen?
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Ein Buch herausgreifen und nennen, kann ich nun gar nicht, liebe Bruni, dazu waren und sind es zuviele tolle Bücher, die ich bisher entdeckt habe!
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Wenn ich das so lese – ein richtiges Buchmessen – Feeling kommt da aber nicht auf, oder? ;)
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Es war anders als sonst, klar, kein Publikum, weniger Gespräche, kein Trubel, keine Enge auf den Gängen und ich dachte am ersten Tag, wie anders das ist als die „übliche“ Buchmesse. Ich gebe zu, das habe ich vermisst. Dennoch habe ich diese Tage sehr genossen und viele Momente erlebt, die für mich für typisches Buchmessenfeeling stehen: Klugen Gesprächen lauschen, wunderbare Bücher kennenlernen, große Leselust spüren, in Vorlesestimmen versinken können, aufhebenswerte Gedanken hören, Dankbarkeit Büchern und Menschen gegenüber spüren, berührt werden, all das war da.
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Das hört sich dann ja doch noch ganz brauchbar an :)
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Hallo! Ich bin über den Literaturgarten hier auf deine Seite gestoßen. Auch ich war am Mittwoch, zumindest bis zu Anne Weber, in der Festhalle. Bestimmt haben wir uns gesehen (es war ja kaum jemand da; warum eigentlich nicht?). Du hast ja viel Durchhaltevermögen gezeigt. Hut ab.
Ich war nur noch einmal am Freitag zur ersten Veranstaltung da und dann so frustriert – den letzten Tropfen gab Denis Scheck, der doch nahezu das gleiche Programm abspulte wie mittwochs – dass ich geflüchtet bin. Buchmessenfeeling kam für mich dann bei Openbooks und Literaturbahnhof auf. Dort habe ich viele Veranstaltungen besucht.
Schade, dass wir uns nicht vorher schon begegnet sind. Hoffen wir, dass 2021 wieder alles normaler wird (obwohl ich die Entspanntheit der halbvollen Räume und der vorbestellten Plätze durchaus genossen habe) Viele Grüße, Petra
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Hallo Petra, das ist ja eine schöne Verbindung, die der Literaturgarten hergestellt hat! Noch eine Bloggerin auf der Buchmesse, das kommt mir beinahe so vor, wie einen anderen Menschen auf einem unbewohnten Planeten zu entdecken. :) Dann haben wir uns bestimmt dort gesehen. Freitag wollte ich auch schon am Morgen dort sein, habe es dann doch erst am Mittag geschafft.
Openbooks konnte ich auch erleben und genießen. Ich hoffe auch, dass 2021 wieder eine Buchmesse möglich ist, wie die meisten sie kennen, auch wenn ich wie du das Entspannte auch genossen habe. Liebe Grüße, Marion
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In der Rückschau wird diese Buchmesse eine ganz besondete für uns gewesen sein. Ich bin froh und dankbar, dass ich dabei sein konnte. Liebe Grüße, Petra
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