ABC-Etüden


Gerne habe ich mich nach längerer Zeit noch einmal einladen lassen, bei Christianes ABC-Etüden mitzumachen. Christiane betreibt den Blog Irgendwas ist immer und bei den Etüden gilt es, drei vorgegebene Worte in einen Text mit maximal 300 Wörtern einzubauen. Die drei Worte stammen diesmal von Cynthia alias Rübenigel und ihrem Blog Querfühlerin und lauten: Geist / herb / unterstellen. 
Hier kommt meine Etüde:


Die Füße gehen beinahe von allein. Ohne nachzudenken geht er den Weg. Was ein Zusammenspiel dafür notwendig ist, ist ihm nicht bewusst. Nur in wenigen Momenten. Dann, wenn er innehält und staunt. Über das Leben, diese zwei Beine an seinem Körper und das Grün im Park, das täglich mehr wird. Er mag dieses Leben. Auch wenn einige Jahre ihm herb zuspielten. Zuspielten, so nennt er es, wenn er daran zurückdenkt.
Jetzt gerade scheinen gute Jahre zu sein. Er weiß darum, dass er nicht vorhersehen kann, was in einem halben Jahr, in einem Monat oder in der nächsten Minute geschieht. Doch er erlaubt sich, an das Gute zu glauben.
Er kommt an einer Kirche vorbei und hört Gesang aus dem Inneren, trotz der festen Mauern. „Unser Leben sei ein Fest. Jesu Geist in unserer Mitte…“ Er hat viele Jahre lang keinen Kirchraum mehr betreten und doch könnte er sofort mitsingen. Zeilen, die in ihm wohnen, festgebrannt in seinen Synapsen.
Ob er an Gott glaube, hat seine Kollegin ihn vor ein paar Tagen gefragt. Wie aus dem Nichts kam ihre Frage, als sie sich in der Kantine beim Kaffeetrinken gegenübersaßen. Sie hatte ihn sehr direkt dabei angesehen und er hatte die kleinen Punkte im Grün ihrer Augen wahrgenommen.
Kurz hatte er gezögert. Sollte es Gott geben, hatte er ihr geantwortet, hat er sich oft versteckt in meinem Leben; nicht, dass ich ihm was Böses unterstellen möchte, doch er ließ sich nicht oft finden.
Sie hatte ihn daraufhin angelächelt. Geheimnisvoll, auch eine Spur keck.
In diesem Moment hatte er gedacht, vielleicht gibt es ihn doch, diesen Gott, immerhin hatte er dazu geführt, dass sie ihn auf diese Art ansah.
Es war ein Anfang. Wovon weiß er noch nicht. Daran denkt er gerade. Es fühlt sich nach einem guten Anfang an. Er pfeift.

ABC-Etüde

Gerne habe ich mich von Christiane auf ihrem Blog Irgendwas ist immer zu den ABC-Etüden für die Textwoche 36/37 2021 einladen lassen. Dabei gilt es, drei vorgegebene Wörter in einen Text mit maximal 300 Worten einzubauen.
Die diesmalige Wortspende stammt von Ludwig Zeidler und seine drei Worte lauten:
Schlick / ominös / putzen

Hier kommt mein Text:

Die Chucks liegen im Hausflur neben dem Eingang. Wenn er spätnachmittags seine Haustüre aufschließt, streift der die Chucks ab und lässt sie dort bis zum nächsten Morgen liegen, es sei denn er geht zu seinem Nachbarn auf ein abendliches Gespräch, trifft sich mit Freunden in einem Café oder geht ins Theater.
Seine nackten Füße hinterlassen ein leises Geräusch auf dem Holzboden. Barfuß geht er am liebsten, dann fühlt er sich frei und geerdet.
Er setzt sich Tee auf, seine Katze streicht um seine Beine und er krault die Stelle hinter ihren Ohren, die ein lautes Schnurren hervorruft.  Er redet mit ihr, wie er das immer macht. „Was hast du denn den ganzen Tag gemacht?“, fragt er sie, „Dein Leben besteht aus schlafen, streunen, essen, trinken, dich putzen und manchmal eine Maus jagen. Jaja, dich kraulen lassen natürlich auch. Du machst das gut mit dem Leben, weißt du das.“
Mit dem dampfenden Teebecher in der Hand geht er hinaus auf die Terrasse, seine Katze begleitet ihn und zu zweit gehen sie durch den Garten. Er öffnet das Gatter am Ende des Gartens, das in den angrenzenden Wald hineinführt. Er geht ein paar Meter in den Wald hinein, seine Katze bleibt stehen, wie sie das immer am Waldrand macht. „Das ist dir nicht geheuer, was? Der dunkle ominöse Wald! Dabei ist er ein Lebewesen wie wir.“ Seine Katze setzt sich, während er weiter geht.
Tagsüber hat es ein wenig geregnet und an einigen Stellen ist der Boden aufgeweicht. Seine Füße fühlen den Schlick, doch das macht ihm nichts, im Gegenteil, er fühlt sich lebendig und der Natur verbunden.
Er bleibt stehen, nimmt die Frische an seinen Füßen wahr, die Wärme des Teebechers an seinen Händen und ist dankbar, all das fühlen zu können. Danke, flüstert er und atmet tief ein und aus.

ABC-Etüde

Christiane hat wieder zu den abc etüden eingeladen, bei denen es gilt, 3 Begriffe in einem Text mit maximal 300 Wörtern zu verpacken. Die Worte stammen diesmal von Sabine (Frau Flumsel) mit ihrem Blog wortgeflumselkritzelkram. Sie lauten:

Strickjacke
trügerisch
entdecken

Hier kommt meine Etüde:

Der März hat gerade erst begonnen und ihr ist, als sei der Frühling bereits da. Vögelgesang weckte sie am Morgen. Wie immer ist ihr erster Gang nach dem Aufstehen und dem Füttern der Katze, ihr Gang auf die Terrasse. Der Himmel zeigt sich blau und die Sonne schimmert, wie sie es nur am frühen Morgen vermag.
Die Farbe des Himmels ist trügerisch, noch ist die Luft kühl und sie zieht ihre Strickjacke enger um sich. Sie atmet tief ein und aus, schließt die Augen und hört den Geräuschen des Gartens für einen Moment zu. Dann geht sie ihre morgendliche Runde durch den Garten.
Es zeigen sich viele Schneeglöckchen, ein ganzer Krokussteppich, deren Blüten noch zu schlafen scheinen und gelb leuchtende Narzissen. Auch die Weidenkätzchen blühen, das wird die Bienen freuen. Gestern waren die Knospen des Rhododendrons noch geschlossen, heute sind sie halb geöffnet und ihr rot wirkt wie ein Versprechen auf kommende Tage im Freien.
An jedem Morgen gibt es Neues zu entdecken. Sie ist davon überzeugt, dass der Gang nach Draußen, auf eine Wiese oder in den Wald uns zu besseren Menschen machen kann.
Der Tau auf dem Gras glitzert. Sie hockt sich hin und berührt ihn mit ihren Händen. Er ist wohltuend frisch. Sie legt beide Hände in das nasse Gras. So viel Frische, ihr ist, als könne sie ihr Gesicht damit waschen. Vielleicht liegt all das, was wir brauchen, direkt vor unseren Füßen, denkt sie. Wir neigen dazu, an uns vorbei zu leben. Sie streift ihre Gartenschuhe ab und geht barfuß über das feuchte Gras, wie sie es als Kind häufig machte.
Später geht sie hinein und ihre Füße hinterlassen nasse Abdrücke und einzelne Grashalme auf dem Holzboden. Doch das macht nichts. Gar nichts. Diese Momente werden sie durch den Tag tragen.