Nachtrag: Lange Büchernacht

Im Rahmen der Frankfurter Buchmesse besuchte ich letzten Freitag die lange ARD-Radiokulturnacht im hr-Sendesaal.
Das ist eine beliebte Veranstaltung, bei der großartige Bücher in schöner und entspannter Atmosphäre vorgestellt werden. Wir – mein Mann, meine Tochter und ich – freuten uns sehr auf diesen Abend. Der schöne Sendesaal war voller buchliebender Menschen, die es sich bei Essen und Getränken gemütlich machten:

© hr/Janina Schmid

Die Moderatorin Catherine Mundt und Moderator Christoph Schröder führten durch das Programm:

© hr/Janina Schmid

Wir hörten Gespräche mit Autorinnen und Autoren zu ihren Neuerscheinungen und Anekdoten aus ihrem Leben.
Zudem gab es nach jedem Bücherblock musikalische Beiträge vom Heinz-Dieter Sauerborn Quartett mit seinem Programm „Songs We Like“:

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An diesem Abend war Jan Weiler mit seinem Roman über den reflektierenden 51-jährigen „Munk“ zu erleben. Munk blickt im Rahmen seiner Selbsterforschung auf die 13 Frauen in seinem Leben zurück , die ihn geprägt haben, und auf die Lektionen, die er von jeder einzelnen gelernt hat:

Katja Lange-Müller sprach über ihren aktuellen Roman „Unser Ole“, in dem sie über Frauen am Rande der Gesellschaft schreibt. Ida, alt und vom Leben enttäuscht, begegnet Elvira, die ihren Enkel Ole betreut bzw. ihn abwechselnd schikaniert und verwöhnt. Elvira benötigt Idas Hilfe mit dem unberechenbaren spätpubertierenden Ole. „Ein Roman, der alle Stärken Katja Lange-Müllers vereint“, so die Moderatorin:

Hier seht ihr Olga Grjasnowa mit der jüdischen, ex-sowjetischen Familiengeschichte „Juli, August, September“. Die Protagonisten Lou begibt sich nach Antworten auf all ihre Fragen zu ihrer Familiengeschichte nach Tel Aviv:

Saša Stanišić mit seinem Roman „Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“. Ich mag den Titel und werde sicherlich auch dieses Buch mögen, ist es doch von einem meiner Lieblingsautoren. Was wäre, wenn man nicht diese eine Entscheidung getroffen hätte, sondern eine andere? Diese und ähnliche Fragen tauchen in dem Buch auf:

Francesca Melandri war als Delegierte des diesjährigen Buchmesse-Gastlands Italien anwesend mit dem Übersetzer Johannes R. Hampel und ihrem Buch „Kalte Füße“. Faszinierend im Übrigen mit welch klarer Sprache und passender Betonung er übersetzte. Ein Roman, in dem Melandri das Ende des Friedens in Europa mit einem Kapitel italienischer Geschichte verknüpft:

Hier seht ihr die Autorin Lucy Fricke, zu ihrem Roman „Das Fest“. Der Protagonist Jakob, der in der Mitte des Lebens steht, blickt mit Melancholie und Komik auf sein bisheriges Leben zurück. Es geht um Verluste, Verzicht und Freundschaften:

Nora Bossong schreibt in ihrem Roman „Reichskanzlerplatz“ über Magda Quandt, die später die Ehefrau von Heinrich Goebbels wurde. Dieses Buch stand auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis:

Martina Hefter, Gewinnerin des Deutschen Buchpreises, zu ihrem Buch „Hey, Guten Morgen, wie geht es dir?“. In ihrem Roman geht es um die Protagonistin Juno und sogenannte Love-Scammer, Männer – meist aus dem globalen Süden – die über ein Fake-Profil in den sozialen Netzwerke Frauen im mittleren Alter anschreiben, sie mit Komplimenten umwerben und letztlich Geld von diesen Frauen möchten. Ein Roman, der sich mit Bedürfnissen und Sehnsüchten befasst. Auch auf dieses Buch freue ich mich sehr:

© hr/Janina Schmid

Peter Wohlleben, Deutschlands bekanntesten Förster, sprach zu seinem aktuellem Buch „Buchenleben“, bei dem er einen 250 Jahre alten Baum seine erstaunliche Geschichte erzählen lässt, vom Samen bis zum Giganten des Waldes:

Navid Kermani und Aleida Assmann setzen sich in ihren Büchern „In die andere Richtung jetzt. Eine Reise durch Ostafrika“ und „Gemeinsinn. Der sechste soziale Sinn“ mit aktuellen Themen wie Migration, Solidarität, Klimawandel und Gemeinsinn auseinander:

Julia Friedrichs mit ihrer Recherche über Superreiche „Crazy Rich. Die geheime Welt der Superreichen“. Sie bat Superreiche zum Gespräch und diese erlaubten ihr umfassende Einblicke in eine Welt, die die meisten von uns nicht kennen werden. Sicherlich auch ein äußerst interessantes Buch:

Hier seht ihr Eckhart Nickel, der zu seinem Buch „Punk“ sprach. Die 14 Kapitel des Romans tragen Namen von Songtiteln, passend, da es um die Geschichte einer Band geht:

Horst Evers las über den Abend verteilt immer wieder Ausschnitte aus seinem Buch „Zu faul zum Nichtstun“. Herrlich amüsant waren diese kurzen, lustigen Geschichten:

Was ein breites und vielseitiges Angebot an wunderbaren Büchern!
Am Ende des Abends hörte ich den Satz eines Besuchers: „Jetzt möchte ich ein halbes Jahr Urlaub haben und all diese Bücher lesen.“
Ich wünsche uns allen – ob mit oder ohne Urlaub – immer wieder Lesezeit und ganz viel Lesefreude.

Es grüßt euch mit viel Buchliebe
Marion

Hier könnt ihr die ARD Radiokulturnacht der Bücher nachhören:

https://www.ardaudiothek.de/embed/episode/13808633/

Frankfurter Buchmesse – Tag 3 Teil 2

Am gestrigen Abend besuchten wir die lange ARD-Radiokulturnacht im hr-Sendesaal.
Die Moderatorin Catherine Mundt und Moderator Christoph Schröder führten durch den Abend.
Vorweg sagten sie, es werde ein breites Angebot an Büchern vorgestellt, die sowohl zum Nachdenken als auch schon mal zum Lachen anregen würden.
Im ausgebuchten und schönen Saal saßen die Menschen an den Tischen und hörten in dieser entspannten Atmosphäre den vielfältigen Buchvorstellungen zu.

Rafik Schami, der das Buch „Wenn du erzählst, erblüht die Wüste“ geschrieben hat, ist ein wunderbarer Erzähler. Mit seinem Buch entführt er die Leserinnen und Leser auf den Hof des Königs Salih und in eine Welt von 1001 Nacht.
Es ist immer eine große Freude, Rafik Schami im Gespräch zu erleben.
„Das Erzählen kann, wenn es gut geht, aus einer Sackgasse eine Kreuzung machen“, war einer seiner schönen Sätze.

Angelika Küssendorf folgte als nächstes im Gespräch zu ihrem Buch „Risse“.
Dieser Erzählband ist die Vorgeschichte zu ihrem vor zwanzig Jahren erschienenen Erfolgsroman „Das Mädchen“. In zehn Geschichten beschreibt Angelika Küssendorf über ein Kinderleben in der DDR in den 60er und 70er Jahren, das geprägt war von Geborgenheit und Sehnsucht.

Der Friedenspreisträger Navid Kermani sprach zu seinem Buch „Das Alphabet bis S“.
In diesem Buch verknüpft er die Grundfragen unserer Existenz, Geschlecht, Krieg und Vergänglichkeit mit Alltäglichem. Vorweg las ich, dass sein Buch sowohl ein Roman, Journal, Essay und Meditation gleichzeitig sei.
In dem Gespräch verraten so manche Autoren und Autorinnen auch private Dinge, so sagte Navid Kermani, dass er sein Smartphone morgens in den Briefkasten lege und es erst am Abend wieder hervorhole.

Die Journalistin Isabel Schayani berichtet in ihrem Buch „ Nach Deutschland. Fünf Menschen. Fünf Wege. Ein Ziel“ über Flüchtlingsschicksale.
Bei ihren Reportagen kommt sie den Menschen sehr nah und man habe das Gefühl, so die Moderatorin Catherine Mundt, „dass wir in die Seele der Menschen blicken“.
Isabel Schayani plädiert dafür, dass wir in den Debatten um Obergrenzen und ähnlichem nie vergessen dürften, dass wir über Menschen reden.

Thomas Hettche sprach zu seinem Buch „Sinkende Sterne“.
In dem Buch malt er die fantastischen Folgen einer Naturkatastrophe in den Schweizer Bergen aus. Sein Buch kreist um die Fragen, welcher Trost im Erzählen liegt und was es in den Umbrüchen unserer Zeit zu bewahren gibt.
„Schönheit der Natur ist Thema des Buches, Schönheit des Menschen ist Thema und Schönheit eines Textes ist Thema im Buch“, so Thomas Hettche.

Zwischen den Buchvorstellungen gab es immer wieder musikalische Einlagen vom Felix Fromm 4tet und wir genossen die Klänge:

Ronja von Rönne sprach zu ihrem Sachbuch „Trotz“.
In diesem persönlichen Buch beschäftigt sie sich mit dem Trotz und befreit ihn von seinen Vorurteilen. Sie beschreibt ihn von beiden Seiten und durchleuchtet nicht nur ihren eigenen Trotz, sondern auch den der anderen. Im Trotz zeige sich auch der positive Widerstand.
Sie möchte mit dem Buch dazu einladen, dass wir genauer hinschauen.

Während des Abends las Elke Heidenreich immer wieder Auszüge aus ihrem Buch „Frau Dr. Moormann und ich“ vor. Ein Buch, in dem es um eine nachbarschaftliche sogenannte Hassliebe geht. Herrlich humorvoll geschrieben und vorgetragen und so ertönte viel Lachen im Saal.

Die slowenische Gastlandautorin Maja Haderlap stellte ihr Buch „Nachtfrauen“ vor. In ihrem neuen Roman erzählt sie aus dem Leben dreier Generationen von Frauen, von ihren Verstrickungen in aufgezwungene und verinnerlichte Leitbilder und von ihrem Ringen um Autonomie.

Dana Vowinckel sprach zu ihrem Debütroman „Gewässer im Ziplock“.
Das Buch handelt von dem Leben einer jüdischen Patchworkfamilie. Es geht um einen Sommer zwischen Berlin, Chicago und Jerusalem sowie um Lügen, Glücksmomente, Enttäuschungen, Zuneigung und Schmerz.
Dana Vowinckel hat das Buch geschrieben, bevor die Hamas Israel angegriffen haben. Sie sprach in offener Art davon, was die aktuelle Situation in ihr bewege, auch im Zusammenhang mit ihrem Buch.

Und immer wieder gebanntes Zuhören in diesem Saal:

Nun erlebten wir die Büchnerpreisträgerin Terézia Mora mit ihrem Buch „Muna oder Die Hälfte des Lebens“, das für den Deutschen Buchpreis nominiert war.
In ihrem Roman schreibt sie, was geschieht, wenn man ein Leben führt, das man in Abhängigkeit von anderen führt. Es geht um die Beziehung zwischen Muna und Magnus. Im Laufe der Jahre nehmen Ungerechtigkeit und Gewalt zu, dennoch ist Muna nicht gewillt aufzugeben.

Tonio Schachinger, der diesjährige Gewinner des Deutschen Buchpreises war auch an diesem großen Bücherabend zu erleben.
Wie immer erfuhren die Zuhörenden viel Interessantes. So auch dieses Detail, dass er für sein vorheriges Buch ein Jahr gebraucht habe, bis er einen Verlag fand.
Und nun ist sein aktuelles Buch als das beste diesjährige Buch Deutschlands ausgezeichnet.

Jörg Maurer hörten wir nun zu seinem Krimi „Kommissar Jennerwein darf nicht sterben“. Über die Beziehung des Kommissars zu seiner Frau, mit der er ein Jahr verheiratet ist, sagte er: „Die haben sich nicht mehr viel zu sagen, die nicken nur.“ Dieses Buch ist der 15. Band dieser Krimireihe.

Steffen Kopetzky zu seinem Buch „Damenopfer“, darin erzählt er über ein weibliches Kapitel sowjetischer Geschichte:

Ilija Trojanow neuer und utopischer Roman heißt „Tausend und ein Morgen“.
Er beschriebt ihn so: „Der Roman ist ein spielerischen Umgang mit der Zukunft.“
Es ist ein Roman, der in sinnlichen Bildern und Geschichten von der unerschöpflichen Kraft unseres Denkens erzählt.
Er sagte weiterhin zu seinem Buch, es sei ein „Roman, der glaubt, dass es eine Zukunft und eine Hoffnung gibt.“ Es sei das „Öffnen eines Fensters in die Vielfalt der Möglichkeiten.“

Der bekannte Meteorologe Sven Plöger äußerte sich mit guten klaren Worten zur Klimakrise. Sein aktuelles Buch trägt den Titel „Zieht euch warm an, es wird noch heißer! Können wir den Klimawandel noch beherrschen?“ Mit Extrakapiteln zu Wasserstoff und Kernfusion taucht im Untertitel auf.
Zu später Stunde erzählt er anschaulich von unserer momentanen Situation.
„Wir haben kein Wissensproblem, wir haben ein Handlungsproblem“, so Sven Plöger und ich wünsche mir, dass viele Menschen ihm und seinem Buch zuhören.

Eine vielseitige Büchernacht ging zu Ende.
Ja, wie die beiden Moderator*innen zu Beginn sagten, es war ein breites Angebot an Büchern, die sowohl zum Nachdenken als auch zum Lachen anregten, definitiv.

Es grüßt euch aus Frankfurt,
Marion