Gastbeitrag zur Frankfurter Buchmesse 2025

Heute findet ihr hier ein Gastbeitrag von meinem Mann, der die diesjährige Frankfurter Buchmesse von Freitag bis Sonntag besuchte, und seine Erlebnisse zusammenfasste:

Wie in den letzten Jahren hatte ich auch 2025 das Vergnügen, mich ab Freitag als Besucher bei der Buchmesse einfinden zu können. Nach einer Zugreise auf der touristischen Route entlang des Rheins unter Begleitung unseres Sohnes, der sich in Frankfurt verabschiedete, um weiterzureisen, tauchte ich am frühen Nachmittag ein in die Welt der 100.000 Bücher.
Und sofort gings zur Sache mit Denis Scheck. Ein Mann, der jährlich 180 Bücher liest und in der Lage ist, innerhalb einer halben Stunde den Zuhörenden ein Dutzend literarische Meisterwerke schmackhaft zu machen:

Nach diesem kurzen knackigen Intermezzo gings weiter zu Herrn Hirschhausen, der den Zuhörerenden eindrücklich schilderte, wie ihn Fake- News zusetzen. Er zeigte einen YouTube- Film, auf dem er augenscheinlich erschossen wird. Dennoch stand er auf der Bühne, ich habe ihn angefasst. Ich frage mich, wie das möglich ist. Zauberei?

Immer gerne treibe ich mich am Stand des Katapult- Verlages mit ihren großartigen Karten und Büchern zu allen möglichen Themen herum. Hier ein Beispiel:

Am selben Stand hielt Correctiv einen Vortrag, der unter anderem auch dieses Bild beinhaltete: Rechtsorientierte Medien und ihre Verknüpfung untereinander. Unfassbar.

In einem anderen Vortrag hörte ich, dass Correctiv täglich einen Newsletter mit spannenden Fakten veröffentlicht. Hier der Link zum Abonnieren: https://correctiv.org/newsletter/
Einfach abonnieren würde ich sagen.

Ganz interessant die Moderation vom CEO der Zeit Rainer Esser (links) im Gespräch mit Klaus Brinkbäumer über Zeit der Abschiede. Spannendes Detail: am nächsten Tag hat meine liebe Frau ein paar Fotos am Stand der Zeit gemacht, die Rainer Esser gut gefielen und die er gerne haben wollte. Wer also gerne Herrn Esser auf seinem Handy oder via WhatsApp erreichen möchte, wir haben seine Handynummer 😊.

Und wer kennt ihn noch, den Willi von Willi wills wissen? Hier ein Interview mit ihm. Habe leider nichts gehört, er saß in einer schalldichten Kabine mit ein paar Kids:

Am Abend einer der Höhepunkt der Tage in Frankfurt: die lange Nacht der Bücher im großen Sendesaal des hessischen Rundfunks. Mit unter anderem der diesjährigen Preisträgerin des deutschen Buchpreises Dorothee Elmiger. Nach ihrem Gespräch habe ich für uns ihr Buch „Die Holländerinnen“ signieren lassen. Sie fragte mich, ob ich eine Widmung wolle. Ich verneinte und sagte, dass Buch sei für die ganze Familie, einfach Name und Datum. Sie tat wie gewünscht, und ich zog meiner Wege:

Am nächsten Tag erwischte ich sie, wie sie sich auf eine Kurzlesung am Schweizer Stand vorbereitete:

Zwischendurch, wie jedes Jahr, Unterschriftenmarathon am Stand von Amnesty International: Briefe an Präsidenten und andere Verantwortliche in Staaten, die es mit den Menschenrechten nicht so genau nehmen und mehr oder weniger willkürlich Menschen inhaftieren, die sich für Dinge einsetzen, die bei uns fest im Grundgesetz verankert sind. Für mich wichtig, unterstützend tätig zu werden. Chapeau für die Frankfurter Truppe von Amnesty.

Hier die Autorin Fiona Sironic (links) im Gespräch mit Yasmine M´Barek. Sie hat für mich den absolut besten Buchtitel in diesem Jahr produziert: „Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft.“ Ich stelle mir vor, wie ein Chinaböller unter irgendwelche Sachen gelegt wird und es einen riesigen Knall gibt. Herrlich. Ich werde das Buch sicher lesen.

Im Vorbeigehen nahm ich diesen Herrn wahr, umringt von einer zahlreichen Leserschar. Richtig, Paul Maar, der Erfinder des Sams. Eine Legende!

Und dann noch dieser Titel hier, ein riesiges Reklamebuch mit tollem Cover, und die Autorin Nina George, die am Stand des Verlages fleißig signierte (links im Bild). Ich habe sie später im Interview gehört. Auch dies ein Buch, das mich angesprochen hat.

Ein anderes Highlight war für mich in diesem Jahr ein Workshop, der Einblicke gab in die Arbeit von Prosa-Übersetzern, vertreten in und durch den Verband deutscher ÜbersetzerInnen (VdÜ) und nicht zu verwechseln mit den Dokument-Urkunden-wissenschaftliche-Texte-ÜbersetzerInnen, vertreten in und durch den Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ). Zwei Übersetzer widmeten sich einem Text von Agatha Christie aus dem Jahre 1930: der eine übersetzte frei, der andere mit Hilfe von DeepL. Als ich die rohe DeepL- Fassung sah, fand ich die schon sehr gut. Text und Zusammenhang prima, wo ist das Problem? Dann in rot die Version, die der Übersetzer aus DeepL gemacht hat. Hammer. Aber seht selbst:

Auch der Übersetzer ohne Hilfswerkzeug machte eine großartige Arbeit. Ich habe großen Respekt vor dieser intellektuellen Leistung. Die im Übrigen unverschämt schlecht bezahlt wird, wie ich mir sagen ließ.

Ein tolles Gespräch mit einem meiner Favorit-Intellektuellen Michel Friedman (Mitte), der sich immer wieder vehement für alles einsetzt, was mit Grundrechten und Demokratie zu tun hat. Sein Plädoyer: Geht auf die Straße und setzt euch ein, lasst eure Stimme hören, ansonsten werden die Rechten immer stärker. Dass sowas schleichend gehen kann, machte er eindrücklich deutlich: wenn das so weiter geht, sind irgendwann beim Bäcker nur noch Backwaren deutschen Ursprungs käuflich, ein Croissant gehört der Vergangenheit an. Kaum vorstellbar, aber ich konnte mir auch keinen Krieg in der Ukraine, keine Flut im Jahr 2021 und keine Corona-Epidemie vorstellen. Die Tatsache, dass ich mir irgendetwas nicht vorstellen kann, bedeutet nicht, dass es nicht existent sein oder werden kann.

Es waren für mich wie in jedem Jahr tolle Tage, die mir immer wieder einen Boost im Kopf geben und mir aufzeigen um was es im Leben wirklich geht.

Und am Ende meine Liste mit Buchempfehlungen:
„Hase und ich“ von Chloe Dalton. Die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft zwischen einer Frau und einem Feldhasen während der Corona-Zeit.

„Die Holländerinnen“ von Dorothee Elmiger. Auf den Spuren zweier niederländischer Studentinnen, die in Panama im Jahre 2014 verschwunden sind. Geschichten in der Geschichte, die einen in den düsteren Bann ziehen. Und alles in indirekter Rede geschrieben. Ein Hoch auf den Konjunktiv.

„Hannah“ von Miku Sophie Kühmel. Klingt interessant und spielt in den 20ern des vorigen Jahrhunderts. Wer diese Zeit mag, liegt mit dieser Erzählung genau richtig.

„Die Passantin“ von Nina George. Die Geschichte einer totgeglaubten Frau, die sich diese glückliche Fügung zunutze macht und abtaucht. Ein spannendes Experiment.

„Die Frau als Mensch“ von Ulli Lust. Die Geschichte der Frau als Comic. Habs durchgeblättert, sehr toll gemacht mit vielen spannenden Perspektiven.

Jens Reuber

Frankfurter Buchmesse – Donnerstag

Mein Tag auf der Buchmesse begann wieder mit dem Besuch des Gastland Pavilions Philippinen und ich lauschte der Musik. Beinahe schon mein Ritual hier auf der Buchmesse, an das ich mich gut gewöhnen könnte:

Ich besuchte Stände und oftmals ging mein Herz auf, gibt es doch viele bezaubernde Bücher, wie diese hier:

Häufig finden sich Mitmachaktionen, so wie diese schöne Postkartenaktion „Schreibe von der Buchmesse an einen besonderen Menschen“. Gerne machte ich mit. Eine Postkarte ausgesucht, beschrieben und losgeschickt. An wen verrate ich hier nicht, es soll schließlich eine Überraschung werden…

Nachdem ich Nora Gomringer im Gespräch mit der Moderatorin Cecile Schortmann hörte, steht ein weiterer Roman auf meiner Wunschliste „Am Meerschwein übt das Kind den Tod“:

Zur Buchmesse gehören Gespräche an den Ständen und auf den Gängen. Dafür nehme ich mir gerne die Zeit. Einige sicherlich lohnenswerte und ursprünglich geplante Veranstaltungen erlebte ich deshalb nur kurz, wie Harald Welzer zu seinem Buch „Das Haus der Gefühle“:

Jehona Kicay las aus ihrem Buch „ë“:

Viele lauschten ihrer guten Vorlesestimme:

Ihr Buch stand auf der Shortlist zum diesjährigen Deutschen Buchpreis.
– Kleiner Exkurs: Alle fünf nominierten Bücher der Shortlist klingen sehr lesenswert.
Neben das gerade erwähnte Jehona Kicaj: ë
Dorothee Elmiger: Die Holländerinnen, die den Preis erhalten hat
Kaleb Erdmann: Die Ausweichschule, das ich bereits gelesen habe und gerne empfehle
Thomas Melle: Haus zur Sonne
Fiona Sironic: Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft
Christine Wunnicke: Wachs –

Hier erlebte ich leider nur das Ende. Jo Schück im Gespräch mit der Trägerin des Sachbuchpreises 2025 Ulli Lust zu ihrem Buch „Die Frau als Mensch. Am Anfang der Geschichte“:

Buchmesse und Denis Scheck mit seinem Format „Druckfrisch“ gehören untrennbar zusammen. Er gab in seiner bekannten schnellen Art Literaturtipps. Und meine Wunschliste wuchs:

Ein weiteres Buch, das einen Platz auf meiner Wunschliste erhalten hat: „Und Federn überall“ von Nava Ebrahimi. Sie erzählt in ihrem Roman von einem einzigen Tag im Leben von sechs Menschen, deren Schicksale sich kreuzen – und das vor dem Hintergrund eines riesigen Geflügelschlachthofs, der eine zentrale Rolle spielt, und den Titel erklärt:

Maja Lunde mit ihrem Buch „Rettet die Kindheit“. Es geht um Digitalisierung und die Frage, ob wir unsere Kinder und unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt verlieren. Ein aktuelles Thema:

Eine Veranstaltung, auf die ich mich jedes Jahr freue ist „Das Lieblingsbuch der Unabhängigen“. Hier sehr ihr die Bücher der Shortlist zu diesem Preis:


Sagte ich schon, dass meine Wunschliste wächst? Hach, es gibt so tolle Bücher, wunderbar!
Gut besucht war diese Veranstaltung, wie ihr seht:

Buchändler und Buchhändlerinnen stellten die nominierten Bücher vor. Und dann wurde bekannt gegeben, wer gewonnen hat: Lázár von Nelio Biedermann. Was eine sichtbare Freude:

Hier nochmal alle nominierten Bücher mit ihren Autoren und Autorinnen und den Paten der Buchhandlungen:

Eine weitere Mitmachaktion, hier sind Besuchende eingeladen, ihre Geschichte zu erzählen. Ich glaube, wir alle habe viel in uns, das lohnt erzählt und aufgeschrieben zu werden:

Michel Friedman zu seinem Buch „Mensch! Liebeserklärung eines verzweifelten Demokraten“:

Ein kluger, analytischer und klarer Denker. Es war ein Gespräch, das mich sehr berührt hat. Einer seiner Sätze: „Es sterben immer noch Menschen im Mittelmeer. Reden wir noch darüber? Reden wir genug hierüber?“
Ich nehme viel mit von dieser Veranstaltung, so den Appell „Tut das Notwendige!“
Das zeigt die gesamte bisherige Buchmesse wieder sehr deutlich: Wie wichtig es ist, dass Autorinnen und Autoren und wir alle unsere Stimme erheben. Dass wir nicht zu bequem werden. Dass wir nicht aufgeben. Dass wir nicht aufhören uns einzusetzen für Demokratie und Menschlichkeit. Dass wir dranbleiben. Dass wir diese Welt mitgestalten.

So grüßt euch aus Frankfurt mit vielen vielen Eindrücken
Marion

Frankfurter Buchmesse – Mittwoch

Heute war der erste offizielle Tag der diesjährigen Frankfurter Buchmesse.

Im Gastland Pavilion lauschte ich am Morgen den Philippinischen Gesängen und der Musik:

Die Philippinischen Madrigal Singers:

Die Gänge und Hallen angenehm leer, denn erst am Freitag öffnen die Tore für Privatbesuchende:

Zeit zum Betrachten und Reinlesen:

Aussagen am Gutenberg-Stand, die ich mag:

Diesmal auch FUNK auf der Buchmesse mit dabei und Mitmachaktionen ebenso wie Ruhe-Liegestühle:


Braille, die internationale Blindenschrift, lädt zum Ausprobieren ein:

Im schönen Pressezentrum:

Hier finden sich Ruhe, Getränke und Snacks:

Nach sieben Monaten und 10.000 km kam Lennart Schaefer auf der Frankfurter Buchmesse an. Er durchfuhr die Ziellinie seiner LITERADTOUR und wurde mit Applaus und Jubel empfangen:

Fotos aufgereiht an einem Band von seiner Tour:

Was ein tolles Projekt! Er versteht sich als Literaturbotschafter und hat auf seiner Tour mit vielen Menschen, bekannten wie unbekannten, über Bücher und Lesen gesprochen. Er erzählte, dass er auf seine Frage: „Lesen Sie?“ häufig von den Menschen hörte: „Dazu fehlt mir die Ruhe.“ Er antwortete: „Lesen schenkt diese Ruhe.“
Er erzählte, er habe es genossen, so viel in der Natur unterwegs zu sein. Er verarbeitet nun all seine Erfahrungen und es soll ein Buch und eine Reportage folgen. Wunderbar!

Die neue Bühne „Centre Stage“:

Mithu Sanyal, Helge Malchow, Makro Martin und Felicitas Hoppe im Gespräch mit Thea Dorn zu dem Thema “ Literatur heute – Kann das weg?“:

Später erlebte ich den Juristen und Autor Bijan Moini im Gespräch mit dem Moderator Jo Schück zu seinem Buch „2033“. Ein Thriller, in dem es um eine rechtsextreme Partei geht und darum, wie wehrhaft unsere Demokratie ist. Aktuell und sicherlich sehr lesenswert. Das Buch wurde als spannend, duster und ebenso mutmachend beschrieben.
Jo Schück meinte am Ende des guten Gesprächs: „Immer daran denken, wir müssen alles erwarten, auch das Gute.“:

Die Agora noch übersichtlich heute:

Bei meinem Gang durch die Hallen gab es Treffen, Gespräche und Wiedersehen, auch das mag ich an der Buchmesse.
Später besuchte ich die Veranstaltung „Was es heißt, vom Schreiben zu leben“:

Gilda Sahebi und ihr Buch „Verbinden statt spalten“. Auch hier hörte ich viele gute Gedanken:

„Let`s talk about feelings“ heißt der Roman von Leif Randt, zu dem er mit Mona Ameziane sprach. In dem Roman geht es um Mode, Begehren und den Aufbruch ins mittlere Alter:

Hier seht ihr Daniela Dröscher zu ihrem Buch „Junge Frau mit Katze“ mit der Moderatorin Katty Salie. Meine Lesewunschliste wächst und das nicht nur deshalb, weil ich Daniela Dröscher und ihre Gedanken und Sätze sehr sympathisch finde:

Einer meiner Lieblingsverlage, der Kjona Verlag. Solltet ihr ihn noch nicht kennen, gerne recherchieren:

Die diesjährige Bachmann-Preisträgerin Natasch Gangl las aus ihrem Buch „Frische Appelle & andere Sprechtexte“ vor und es war ein Vergnügen ihrer Sprachperformance zuzuhören:

Mein heutiger Buchmessentag begann im Gastland Pavillon und endete auch hier. Mit einer sehr berührenden Performance „The Siza Performance for Children of Gaza“:

Und schließlich noch philippinische Musik und Gesang:

Auch die Bücher legten sich nun zur Ruhe:

Bis morgen, Buchmesse, du reichhaltige, vielseitige Messe. Bunt, wie das Leben.
Sagte ich schon, dass ich die Buchmesse liebe?
Es grüßt euch aus Frankfurt
Marion

Findesatz und Wortspiel – 37

„Und jetzt: eintauchen in mein Buch.“

Den ganzen Tag freute er sich auf diesen Moment. Er hatte den Abendbrottisch aufgeräumt, sich einen Tee aufgebrüht und auf seinem Korbsessel Platz genommen. „Und jetzt: Eintauchen in mein Buch“, sagte er leise. Ein tiefes Einatmen und ein noch tieferes Ausatmen folgten.
Seine Kinder waren in ihren Zimmern beschäftigt. Manchmal hörte er ihr Lachen. Sie waren alt genug, sich selbst zu beschäftigen, und alt genug, länger als er wach zu sein. Seine Frau traf sich heute mit einer Freundin in ihrem Lieblingscafé. Vermutlich würde sie spät zurückkommen.
Sein Buch war ein Zufallsfund gewesen, mitgenommen aus einem dieser Bücherschränke, die es immer häufiger zu sehen gibt. Im Urlaub hatte er es in einem kleinen Ort entdeckt. Er mochte den Gedanken, dass die Bücher zu ihm fanden, die er noch lesen sollte. Oft dachte er, angesichts seines fortschreitenden Alters – immerhin ging er auf die 50 zu –, dass er nicht mehr all die Bücher würde lesen können, die er lesen wollte. Bücher, die er als Jugendlicher gemocht hatte und noch einmal lesen wollte, Klassiker, die er bisher vermieden hatte, Neuerscheinungen, die ihn interessierten, Werke seiner Lieblingsautorinnen und Lieblingsautoren. Und dann gab es diese Zufallsfunde. Wie Sternschnuppen, die unerwartet auftauchen.
Er schlug das Buch auf und spürte, wie sich eine Vorfreude ausbreitete. Und während die Sätze ihn umgaben, fühlte er sich aufgehoben, im Buch, im Moment, in sich selbst.

Nachtrag: Lange Büchernacht

Im Rahmen der Frankfurter Buchmesse besuchte ich letzten Freitag die lange ARD-Radiokulturnacht im hr-Sendesaal.
Das ist eine beliebte Veranstaltung, bei der großartige Bücher in schöner und entspannter Atmosphäre vorgestellt werden. Wir – mein Mann, meine Tochter und ich – freuten uns sehr auf diesen Abend. Der schöne Sendesaal war voller buchliebender Menschen, die es sich bei Essen und Getränken gemütlich machten:

© hr/Janina Schmid

Die Moderatorin Catherine Mundt und Moderator Christoph Schröder führten durch das Programm:

© hr/Janina Schmid

Wir hörten Gespräche mit Autorinnen und Autoren zu ihren Neuerscheinungen und Anekdoten aus ihrem Leben.
Zudem gab es nach jedem Bücherblock musikalische Beiträge vom Heinz-Dieter Sauerborn Quartett mit seinem Programm „Songs We Like“:

© hr/Janina Schmid

An diesem Abend war Jan Weiler mit seinem Roman über den reflektierenden 51-jährigen „Munk“ zu erleben. Munk blickt im Rahmen seiner Selbsterforschung auf die 13 Frauen in seinem Leben zurück , die ihn geprägt haben, und auf die Lektionen, die er von jeder einzelnen gelernt hat:

Katja Lange-Müller sprach über ihren aktuellen Roman „Unser Ole“, in dem sie über Frauen am Rande der Gesellschaft schreibt. Ida, alt und vom Leben enttäuscht, begegnet Elvira, die ihren Enkel Ole betreut bzw. ihn abwechselnd schikaniert und verwöhnt. Elvira benötigt Idas Hilfe mit dem unberechenbaren spätpubertierenden Ole. „Ein Roman, der alle Stärken Katja Lange-Müllers vereint“, so die Moderatorin:

Hier seht ihr Olga Grjasnowa mit der jüdischen, ex-sowjetischen Familiengeschichte „Juli, August, September“. Die Protagonisten Lou begibt sich nach Antworten auf all ihre Fragen zu ihrer Familiengeschichte nach Tel Aviv:

Saša Stanišić mit seinem Roman „Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“. Ich mag den Titel und werde sicherlich auch dieses Buch mögen, ist es doch von einem meiner Lieblingsautoren. Was wäre, wenn man nicht diese eine Entscheidung getroffen hätte, sondern eine andere? Diese und ähnliche Fragen tauchen in dem Buch auf:

Francesca Melandri war als Delegierte des diesjährigen Buchmesse-Gastlands Italien anwesend mit dem Übersetzer Johannes R. Hampel und ihrem Buch „Kalte Füße“. Faszinierend im Übrigen mit welch klarer Sprache und passender Betonung er übersetzte. Ein Roman, in dem Melandri das Ende des Friedens in Europa mit einem Kapitel italienischer Geschichte verknüpft:

Hier seht ihr die Autorin Lucy Fricke, zu ihrem Roman „Das Fest“. Der Protagonist Jakob, der in der Mitte des Lebens steht, blickt mit Melancholie und Komik auf sein bisheriges Leben zurück. Es geht um Verluste, Verzicht und Freundschaften:

Nora Bossong schreibt in ihrem Roman „Reichskanzlerplatz“ über Magda Quandt, die später die Ehefrau von Heinrich Goebbels wurde. Dieses Buch stand auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis:

Martina Hefter, Gewinnerin des Deutschen Buchpreises, zu ihrem Buch „Hey, Guten Morgen, wie geht es dir?“. In ihrem Roman geht es um die Protagonistin Juno und sogenannte Love-Scammer, Männer – meist aus dem globalen Süden – die über ein Fake-Profil in den sozialen Netzwerke Frauen im mittleren Alter anschreiben, sie mit Komplimenten umwerben und letztlich Geld von diesen Frauen möchten. Ein Roman, der sich mit Bedürfnissen und Sehnsüchten befasst. Auch auf dieses Buch freue ich mich sehr:

© hr/Janina Schmid

Peter Wohlleben, Deutschlands bekanntesten Förster, sprach zu seinem aktuellem Buch „Buchenleben“, bei dem er einen 250 Jahre alten Baum seine erstaunliche Geschichte erzählen lässt, vom Samen bis zum Giganten des Waldes:

Navid Kermani und Aleida Assmann setzen sich in ihren Büchern „In die andere Richtung jetzt. Eine Reise durch Ostafrika“ und „Gemeinsinn. Der sechste soziale Sinn“ mit aktuellen Themen wie Migration, Solidarität, Klimawandel und Gemeinsinn auseinander:

Julia Friedrichs mit ihrer Recherche über Superreiche „Crazy Rich. Die geheime Welt der Superreichen“. Sie bat Superreiche zum Gespräch und diese erlaubten ihr umfassende Einblicke in eine Welt, die die meisten von uns nicht kennen werden. Sicherlich auch ein äußerst interessantes Buch:

Hier seht ihr Eckhart Nickel, der zu seinem Buch „Punk“ sprach. Die 14 Kapitel des Romans tragen Namen von Songtiteln, passend, da es um die Geschichte einer Band geht:

Horst Evers las über den Abend verteilt immer wieder Ausschnitte aus seinem Buch „Zu faul zum Nichtstun“. Herrlich amüsant waren diese kurzen, lustigen Geschichten:

Was ein breites und vielseitiges Angebot an wunderbaren Büchern!
Am Ende des Abends hörte ich den Satz eines Besuchers: „Jetzt möchte ich ein halbes Jahr Urlaub haben und all diese Bücher lesen.“
Ich wünsche uns allen – ob mit oder ohne Urlaub – immer wieder Lesezeit und ganz viel Lesefreude.

Es grüßt euch mit viel Buchliebe
Marion

Hier könnt ihr die ARD Radiokulturnacht der Bücher nachhören:

https://www.ardaudiothek.de/embed/episode/13808633/

76. Frankfurter Buchmesse – Tag 5

Gerne teile ich meine Eindrücke von Sonntag und damit dem letzten diesjährigen Buchmessentag.
John Strelecky sprach zu seinem Buch „Zeit für Fragen im Café am Rande der Welt“. In dem Buch hat er 46 Fragen beantwortet, die seine Leserinnen und Leser ihm gestellt haben. Dabei reicht die Palette von „Findest du Inspiration in Obst?“ bis hin zu „Hast du schon Pläne für deine eigene Beerdigung?“
Er beantwortete Fragen aus dem Publikum. Auch den Begriff der Museumstage erläuterte er noch mal. Es geht um die Vorstellung, am Ende unseres Lebens durch ein Museum zu gehen, das unser Leben darstellt. Welche Bilder würden wir sehen, mit welchen Museumstagen ist unser Leben gefüllt? 
John Strelecky, immer mit Hut. Für ihn ist der Hut übrigens nicht nur einen Schutz gegen Regen und Sonne, sondern sein Zeichen, dass das Abenteuer weitergeht:

Lyrik zum Wachwerden, hieß diese Veranstaltung, bei der lyrix-Preisträger*innen ihre Gedichte vorlasen:

Beim Büchertalk war Bärbel Schäfer im Gespräch mit Ursula Poznanski über ihr Buch „Scandor“. In diesem Buch geht es um eine Challenge, bei der Hundert Menschen antreten, um den unfehlbaren Lügendetektor Scandor zu testen. Scandor wird am Unterarm getragen und begleitet die Kandidatinnen und Kandidaten rund um die Uhr, er bemerkt jede Lüge, auch die als harmlos geltenden oder lieb gemeinten. Wer lügt, fliegt aus der Challenge raus. Die Person, die am Ende übrigbleibt, erhält ein Preisgeld von 5 Millionen Euro.
Ich habe bereits mit Leuten gesprochen, die Scandor gelesen haben. Sie sagten, sie konnten das Buch kaum aus der Hand legen und zudem haben sie viel über das Thema Lügen nachgedacht. Spannend, wie ich finde:

Hier seht ihr die Agora von oben. Es war wieder leerer, nur an den Signierboxen lange Schlangen:

Gerne erlebe ich bei der Buchmesse neue Angebote. So habe ich an der „Expediton OFFside: Ein philosophischer Audiospaziergang ins Lesegelände mit André Ourednik“ teilgenommen:

Es war eine Expedition in oftmals ungesehene oder übersehene Gebiete und Ecken der Buchmesse. Ein philosophisch poetischer Spaziergang, der das Messetreiben in neuem Licht zeigte. Dieser Audiospaziergang war ein Innehalten und schenkt Raum zum Zuhören und Nachdenken über das Leben und unsere Sinne. Klasse fand ich, dass das Messetreiben und die Menschen um uns herum einbezogen wurden und sie unwissentlich eine Rolle in der Performance spielten. So auch hier bei unserem Blick die Rolltreppe hinunter:

Kasia Lewandowska, die ich jedes Jahr hier treffe, zeigte wieder viel Neues an ihrem kreativen Stand. Wir hatten uns bereits am Dienstag wiedergesehen. Als ich sie nun – am letzten Messetag – fragte, ob sie nicht erschöpft sei, antwortete sie: „Nein, das ist für mich hier wie ein Paradies!“ Wunderbar, liebe Kasia.

Michel Friedmann, dieser klare Denker, im Gespräch mit Heinz Bude, über die Zukunft der Demokratie. Wie immer schenkte er gute wichtige Aussagen. Hier – wie bei einigen anderen Veranstaltungen – waren Sicherheitsleute, ihr seht sie links und rechts stehen:

Nicht nur bei diesem Gespräch tauchte Kritik an dem Gastland Italien auf, und ich finde Kritik bedeutsam und finde richtig und wichtig, dass sie Platz bei der Frankfurter Buchmesse hatte. Die Kritik betrifft die Rechtsregierung des Landes und dass nicht regimekonforme Autoren nicht zur offiziellen Delegation des Gastlandes gehörten. Auf der Buchmesse hatten diese Autoren dennoch Raum, denn sie wurden von den deutschen Verlagen eingeladen. Roberto Saviano etwa, von dem ich Samstag berichtete, wurde auf der Buchmesse bejubelt.

In der SHEROES- Reihe erlebte ich nun Jagoda Marinic im Gespräch mit Svenja Flaßpöhler (mitte, „Streiten“) und Elsa Koester (links, „Im Land der Wölfe“).
Wie so oft hier auf der Buchmesse erlebte ich eine tolle Debattenkultur. Jagoda Marinic sagte zum Abschluss des Gesprächs „Streiten Sie in Verbindung. Streiten Sie lustvoll und versöhnlich“:

Bei der nächsten Veranstaltung sprach Mona Ameziane mit den Autorinnen Bianca Iosivoni, Josi Wismar und Tami Fischer über die New Adult Buchlandschaft in Deutschland, die zur Zeit ein großes Wachstum zeigt und viele junge Menschen erreicht:

Die Veranstaltung von oben betrachtet:

Zum Abschluss ging es für mich in den Ehrengast Pavillon Italien zur „GastRollen-Übergabe Ehrengast 24 Italien – Ehrengast 2025 Philippinen“.
Dies ist die feierliche Abschlussveranstaltung des aktuellen Ehrengastauftritts und jährlich wird die „GastRolle“ – ein speziell für die Frankfurter Buchmesse entworfenes Kunstobjekt – um ein weiteres literarisches Zitat bereichert und dem nächsten Gastland überreicht.
Schön, dass somit die lyrischen Zitate wachsen.
Nach den Reden wurde die GastRolle von Italien an die Philippinen überreicht:

Traditionelle philippinische Musik gab es auch:

Und wunderbarer Gesang des nächsten Gastlandes:

Die Philippinen sind eine Nation des Story Tellings und sicherlich werden wir im nächsten Jahr viele inspirierende Geschichten dieses Gastlandes erleben.
Lustig und schön fand ich, dass bei den Fotos immer mehr zusammengerückt und immer mehr Menschen hinzugerufen wurden. Es wurde viel gelacht und ich merkte, wie ich mich bereits nun auf dieses neue Gastland freue.
Ist das nicht ein schönes Sinnbild dafür, dass für jede und jeden Platz ist, wenn wir zusammenrücken?
Seht selbst, eine schöne Vermehrung:

Zum Abschluss teile ich noch ein paar Zahlen mit euch:
230.000 Besucher*innen besuchten die diesjährige Frankfurter Buchmesse. Mit 115.000 Fachbesucher*innen (Vorjahr: 105.000) aus 153 Ländern (Vorjahr: 130 Länder) und 115.000 Privatbesucher*innen (Vorjahr: 110.000) legte die Buchmesse damit sowohl als internationale Geschäftsmesse der Medienbranche wie auch als Festival des Lesens zu – und dies trotz der limitierten Kartenkontingente für die beiden Wochenendtage.
Mehr als 4.300 Ausstellende (Vorjahr: 4.100) präsentierten sich in den Hallen und mehr als 7.500 Medienvertreter*innen (Vorjahr: 7.000) berichteten über die gut 3.300 Veranstaltungen der Buchmesse.

Die Worte von Karin Schmidt-Friderichs, der Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, füge ich gerne hinzu: „Die Frankfurter Buchmesse hat sich erneut als die große Plattform für den Austausch, die Vernetzung und für gute Geschäfte erwiesen. Gleichzeitig war sie ein Fest der Ideen, der Debatten und neuen Perspektiven auf die Fragen der Zeit. Und wer sich die wachsende Lesebegeisterung bei jungen Menschen bisher nicht vorstellen konnte, erlebte sie auf der Messe eindrucksvoll: Zu sehen, wie Zigtausende Bücherfans ihre Lieblingsbücher und -autor*innen feierten, weckt Lust auf die Zukunft des Buches.“

Lust auf die Zukunft des Buches, ja, die habe ich auch und Lust auf die Gegenwart des Buches, denn viele großartige neue Bücher warten nun darauf, gelesen zu werden.
Ich blicke auf eine intensive, reichhaltige, berührende, wunderbare Buchmesse zurück. Wie jedes Jahr habe ich das Gefühl, dass die Themen der Zeit hier Raum fanden. Raum, in dem in einer guten Art und Weise wurde miteinander gesprochen und debattiert wurde. Die Veranstaltungen zeigten, wie die Themen der Zeit miteinander verbunden sind, so sind Demokratie und Klimakrise nicht voneinander zu trennen. Besonders fiel mir auf, wie viele Menschen und Veranstaltungen sich mit dem Thema Demokratie und Menschlichkeit befassen. Das finde ich hoffnungsvoll und stärkend.
Es gibt sie und es ist wichtig: Hoffnung, Verbundenheit, Mut und Lust, Zukunft zu gestalten.

So grüße ich euch, viele schöne Erlebnisse der Buchmesse in mir tragend und mit ganz viel Buchliebe,
Eure Marion

76. Frankfurter Buchmesse – Tag 2

Meine erste Veranstaltung führte mich zur Pressekonferenz des Gastlands 2025 Philippinen, welches das Motto tragen wird „Fantasie beseelt die Luft“. Sicherlich wird dieses Gastland ein vielfältiges Bild schenken und ich freue mich nun schon darauf, die Literatur- und Kulturlandschaft dieses Landes kennenzulernen.

Mitmachaktionen gibt es auf der Buchmesse an vielen Ecken zu entdecken:

Bei meinem Gang durch die Hallen ergaben sich viele:

Neu ist in diesem Jahr die New Adult Arena in Halle 1.2., damit wird dem steigendem Interesse vor allem junger Leser*innen an einer persönlichen Begegnung mit ihren Lieblingsautorinnen und -autoren entgegengekommen. New Adult ist ein neues Genre, das zur Zeit viel Erfolg hat und Untersparten wie Romantasy und Dark College aufweist. Definitiv sind hier viele buchliebende junge Menschen zu erleben:

Für mich ging es nun zum „Talk im Rahmen der 30-Minuten-WG“ mit Richard David Precht und dem Moderator Günter Keil. Vor achtzehn Jahren schrieb Precht mit großem Erfolg das Buch „Wer bin ich, und wenn ja, wie viele?“.
In der neuen Ausgabe hat er es um drei Kapitel erweitert, eines davon ist das Thema Künstliche Intelligenz. Weiterhin ist es als Graphic Novel erschienen „Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Eine philosophische Reise in Bildern“. Der Drehbuchautor Martin Möller und der Illustrator Jörg Hartmann haben sich zusammengetan und zeigen Richard David Prechts Reise durch die Philosophiegeschichte in völlig neuer Form. Ein interessantes gutes Gespräch.

Was darf nicht fehlen auf einer Buchmesse? Lesende Menschen:

Der Kölner Autor Frank Schätzung sprach mit Denis Scheck zu seinem aktuellen Buch „Helden“:

Auf Arno Geiger freute ich mich sehr, einer meiner Lieblingsautoren, der zu seinem neuen Buch „Reise nach Laredo“ sprach. In dem Roman schreibt er über Karl den 5., der sich in ein abgelegenes Kloster in Spanien zurückzieht. Karl ist krank und er wartet auf sein Lebensende. Doch dann begegnet er dem elfjährigen Geronimo und gemeinsam beschließen sie, nachts auf Pferd und Maulesel davonzureiten. Karl lernt durch diese Begegnung Freundschaft, Liebe, Unbeschwertheit und die Freiheit, im Moment zu leben, kennen.
Arno Geiger las eine Passage aus seinem Buch vor, das eine schöne Sprache schenkt.
In dem Buch geht es, so Geiger, um die Frage „Wer ist der Mensch, wenn er alles loslässt?“
Schreiben sei für ihn immer die Frage danach, wer bin ich und wohin gehe ich?
„Ein leises zärtliches Buch“, so umschrieb die Moderatorin Ariane Binder dieses Buch.

Bücher können Vieles. Sogar eine Sitzgelegenheit sein:

Einladende Ecken gibt es immer wieder:

Eine meiner Lieblingsveranstaltungen auf der Frankfurter Buchmesse ist das „Lieblingsbuch der Unabhängigen: Preisverleihung durch die Woche der unabhängigen Buchhandlungen“.
Seit 2015 küren deutsche unabhängige Buchhandlungen ihr Lieblingsbuch der Unabhängigen. Dafür nominieren Buchhändler*innen ihren Lieblingsroman aus dem laufenden Jahr und stimmen dann ab, welcher davon ihr Lieblingstitel ist. Wibke Ladwig führte durch die gut besuchte Veranstaltung.
Das ist die diesjährige Shortlist, fünf wunderbare Bücher. Die, die ich davon noch nicht gelesen habe, stehen nun auf meiner Wunschliste:

Auf der Longlist stehen 258 Titel, die im Internet auffindbar sind und sicherlich lohnt es sich, hineinzuschauen und sich inspirieren zu lassen.
Hier seht ihr, welche Bücher in den zurückliegenden Jahren den Preis erhalten haben. Alles Bücher, die ich sehr lesenswert finde:

Sehr schön fand ich auch das Format, dass Buchhändler*innen als Pate für die nominierten Bücher standen und die Bücher dem Publikum vorstellten.
Mit Spannung wurde dann die diesjährige Gewinnerin bekannt gegeben.
Gewonnen hat „Pi mal Daumen“ von Alina Bronsky.
So schön, wie sie sich freute:

Alina Bronsky bekam von Wibke Ladwig den Preis überreicht:

Ein schönes Abschlussfoto, auf dem ihr die Autorinnen seht – die alle gewonnen haben, auf der Shortlist der Unabhängigen zu stehen, ist eine wunderbare Auszeichnung – und die Buchhändler*innen als Paten, die die Bücher halten:

Erneut war ich auf der Agora und entdeckte weitere Mitmachaktionen:

Die Frankfurter Buchmesse setzt zunehmend auf Nachhaltigkeit. So wird in diesem Jahr überwiegend auf ausgelegte Teppiche in den Hallen verzichtet und auf der Agora befinden sich Spender, um Trinkwasser nachzufüllen. Gute und wichtige Handlungen.

Dieser Satz ist hier deutlich zu erleben:

Eine weitere gute Veranstaltung ist die Reihe „SHEROES – Streiterinnen für die Zukunft“. Heute war Jagoda Marinic im Gespräch mit Eva Illouz („Explosive Moderne“) und Aleida Assmann („Gemeinsinn. Der sechste, soziale Sinn“). Jagoda Marinic beschrieb die Werke der beiden Frauen als erhellende Bücher zu den aktuellen Themen der Gesellschaft.
Auf ihre Frage „Wie kann man all das, was dunkel erscheint, heller werden lassen?“ zitierte Aleida Assmann Karl Jaspers „Wahr ist, was uns verbindet.“

Während sich in einigen Gängen Feierstimmung ausbreitete, da viele Verlage einladen zu Gesprächen, Getränken und Snacks, standen andere bei der Illustrationssprechstunde an. Eine gute Idee, sich dabei auf den Boden zu setzen und sich über Bücher und Illustrationen zu unterhalten, so wie die vier sympathischen Illustratorinnen Miriam Klauke, Maike Kilian, Teelke Hauptmann und Daniela-Karin Raffl:

Bevor es für meine Tochter und mich wieder ins Hotel ging, besuchten wir erneut den Frankfurt Pavilion, in dem ein Konzert stattfand. Ich traf den Architekten Ragunath Vasudevan, der den wunderbaren Pavilion entworfen hat. Wir unterhielten uns und er meinte: „Wenn der Pavilion reden könnte, er hat so vieles erlebt in den letzten Jahren hier, er könnte so vieles erzählen, Bewegendes, Tiefgründiges, Humorvolles.“ Ein schöner Gedanke.
Hier seht ihr Ragunath Vasudevan und den Buchmessendirektor Juergen Boos:

So blicke ich erneut auf einen wundervollen reichhaltigen Buchmessentag zurück und grüße euch aus Frankfurt
Eure Marion

76. Frankfurter Buchmesse – Tag 1

Nach der gestrigen Eröffnung war heute der erste Tag der 76. Frankfurter Buchmesse.
Was ein wunderbarer Start in den Tag, der atmosphärischen Gitarrenmusik von Giandomenico Anellino im italienischen Gastland Pavillon zu lauschen:

Es ging weiter mit einem Gespräch zwischen der Moderatorin Cecile Schortmann und Martina Hefter, der frisch gekürten Gewinnerin des Deutschen Buchpreises. Montagabend hat sie diesen Preis für ihr Buch „Hey guten Morgen, wie geht es dir?“ erhalten.
In ihrem Roman geht es um die Protagonistin Juno und sogenannte Love-Scammer, Männer – meist aus dem globalen Süden – die über die sozialen Netzwerke Frauen im mittleren Alter anschreiben, sie mit Komplimenten umwerben und letztlich Geld von diesen Frauen möchten. 
Eine sehr sympathische Frau und ein Buch, das auf meiner Wunschliste steht:

Noch ein Tipp in dem Zusammenhang: Die Verleihung des Deutschen Buchpreises lässt sich in der Mediathek nachsehen, Martina Hefter zeigte nach der Bekanntgabe dieses Preises eine berührend schöne Dankesrede.

Später erlebte ich Bärbel Schäfer im Gespräch mit Jürgen Trittin über sein neues Buch „Alles muss anders bleiben“, eine politische Autobiographie über ein halbes Jahrhundert dieses Grünenpolitikers von den Siebzigern bis heute. Es war ein interessantes und gutes Gespräch.
Jürgen Trittin schenkte den klaren guten Satz: „Man darf Faschisten keine Macht übertragen, das ist die Lehre aus der Geschichte der Demokratie.“

Der Innenhof, die Agora, an diesem ersten Buchmessentag:

Bärbel Schäfer beim Büchertalk mit Cordula Stratmann („Wo war ich stehengeblieben?“). Ein kurzweiliges und humorvolles Gespräch:

Am Zeitstand erlebte ich Elke Heidenreich („Altern“) im Gespräch mit Christoph Amend und Ubin Eoh vom Zeit Magazin Podcast. Ein tolles Gespräch mit Humor, Ehrlichkeit und Tiefgang. Es war schön, während dieses Gesprächs in ihr Leben einzutauchen. Als Elke Heidenreich gefragt wurde, ob sie Gedichte rezitieren könne, sprach sie zwei Gedichte, ein besonderer und inniger Moment.
Einer ihrer Sätze: „Wenn mein Buch ein bisschen die Angst vor dem Alter und dem Sterben nimmt, dann bin ich glücklich.“

Einer der vielen Stände bei meinem Gang durch die Hallen:

Ich erlebte viele gute Gespräche, Wiedersehen und neue Begegnungen. Und wie immer mag ich die internationale Atmosphäre hier.
Hier zwei meiner Lieblingsverlage, Katapult und Correctiv:

Der Literaturkritiker Denis Scheck erzählte zu seinem aktuellen Buch „Schecks Bestsellerbibel: Schätze und Schund aus 20 Jahren“. Amüsante Anekdoten tauchten während des Gesprächs auf:

Und ein Blick von der anderen Seite. Eine Buchmesse braucht auch das Publikum:

Gerd Scobel, ein wie ich finde großartiger Moderator, im Gespräch mit Barbara Vinken, Sandra Kegel und Katrin Schumacher, über aktuelle Literatur:

Vielfältiges Publikum ist hier überall zu finden, auch diese zwei lesefreudigen Schwestern erfreuten mich:

Bei der Veranstaltung „Das Literarische Quartett spezial – U 21“ debattierteThea Dorn mit drei jungen literaturbegeisterten Menschen über Bücher, die bewegt haben oder als wichtig empfunden werden. Ein wie ich finde klasse Format und wir erlebten eine tolle Diskussion:

Abends fand die Veranstaltung „Nexus – Mit Systemsturz in die Zukunft?“ mit Yuval Noah Harari („Nexus. Eine kurze Geschichte der Informationsnetzwerke von der Steinzeit bis zur künstlichen Intelligenz“) und Kohei Saito („Systemsturz. Der Sieg der Natur über den Kapitalismus“) statt. Zwei wichtige Bücher, denen ich viele Leserinnen und Leser wünsche.

Es ging um die Frage, was wir tun müssen für eine lebenswerte Zukunft auf unserer Erde.
Viele Menschen hörten dem Gespräch zu, ihr seht es, ein voll besetztes Kongresszentrum:

Saito machte in dem Gespräch deutlich, wie wir die Grenzen des natürlichen Planeten überzogen haben und wie wichtig es sei, das Wachstum zu verlangsamen und zu entschleunigen, um ein stabileres erfüllteres Leben führen zu können. Er meinte, dass es fatal sei, das wir den globalen Süden ausbeuten und das oftmals unter dem Deckmantel der grünen Nachhaltigkeit. Wir beachten, so Saito, zu wenig, dass unsere Ressourcen endlich seien. Er plädierte dafür, dass wir unser Gesellschaftssystem transformieren müssen.
Harari sprach: „Unsere Welt steht in Flammen, wir müssen schnell langsamer werden.“
Er machte deutlich, dass ein Mentalitätswandel bei uns Menschen notwendig sei.
Später kamen zwei Studentinnen von der Goethe Universität Frankfurt hinzu und stellten Fragen an Harari und Saito.
Saito betonte, dass es eine gute Möglichkeit sei, lokal zu starten und von unten nach oben auszuweiten.
Der Moderator meinte am Ende, trotz der dystopischen Gedanken gäbe der Abend und das Gespräch viel Hoffnung.
Harari schenkte daraufhin den Satz: “ Wir müssen nicht mit Dystopie oder Hoffnung enden, wir müssen einfach nur denken.“
Ich wünsche uns Menschen mit Harari und Saito, dass unserem Denken kluges notwendiges Handeln folgt.

Auf dem Weg zum Bus, der Frankfurt Pavillion auf dem Innenhof bei Nacht:

„Wenn man sich verlangsamt, hat man mehr Zeit, den Menschen zuzuhören“. Mit diesem schönen Satz, den Harari heute schenkte, grüße ich euch aus der Buchmessenstadt Frankfurt nach einem erfüllten Buchmessentag
Eure Marion