
Anna Schmidt http://www.annaschmidt-berlin.com/2016/02/27/schreiben-gegen-rechts-blogparade hat zu dieser Idee aufgerufen. Da ich es in diesen Tagen wichtig finde, Stimme zu erheben, mache ich bei dieser Blogparade mit.
Ich mache mit, da ich finde, wir müssen den Stimmen etwas entgegensetzen, die sagen, wir müssen die Zäune höher bauen, den Stimmen, die meinen, wir können die Menschen aufteilen in eine Gruppe vor und eine Gruppe hinter dem Zaun. Mich erschrecken die Zäune, die gebaut werden und mich erschrecken die Zäune, die in den Köpfen hochgezogen werden. Ich möchte nicht fassungslos dabei zusehen, was geschieht, sondern meine Gedanken, Wünsche und Erfahrungen teilen.
Mit welchem Recht meinen einige, dieses Land gehöre uns? Ist es der Zufall, der im Personalausweis steht, da wir hier geboren sind. Das kann ich nicht hinnehmen. Ich hätte genauso die sein können, die nun aus ihrem Land würde fliehen müssen, Lieblingsorte, Kinderzeichnungen, Stimmen und Gerüche zurücklassend.
Ich wünsche mir, dass wir verstehen, dass es eine Welt ist, mit von Menschen gemachten Grenzen. Manchmal ist es höchste Zeit, diese Grenzen aufzuweichen und uns als das zu sehen, was wir sind, eben Menschen einer Welt. Menschen, die alle Freude, Trauer, Lachen, Verliebtheit, Sehnsucht, Tanz und Hoffnung in sich tragen.
Ich wünsche mir, dass wir Ängste ablösen von gesammelten Erfahrungen. Vor ein paar Tagen sprach ich mit einer Frau, die sagte: ,,Klar gehe ich auf die Flüchtlinge zu und lasse sie in mein Haus, das mache ich doch auch bei den anderen Nachbarn so.“ Schön, diese Selbstverständlichkeit, die wir unerwartet zwischen Käsetheke und Einkaufskorb teilten.
Ich erlebe viele Menschen, die Großartiges leisten, die in Erstaufnahmelagern Kleidung und Essen verteilen. Menschen, die Fußballschuhe auftreiben, Fahrräder reparieren, die beim Briefe lesen übersetzen, die Palette ist lang und die Kreativität bunt. Ich bin mir sicher, all diese Menschen bekommen sehr viel zurück und sind am Ende eines solchen Tages gefüllt mit wunderbaren Erfahrungen.
Ich habe das Glück in der Nachbarschaft Flüchtlingsfamilien zu erleben. Ich wünsche vielen Menschen diese Begegnungen. Die Begegnungen weichen auf, sie bereichern und bringen näher zusammen. Ich erlebe es tatsächlich als Geschenk, diese Menschen kennen zu lernen. Seit sie hier wohnen, ist mehr Lebendigkeit, Kinderstimmen und Lachen in der Straße. Wir reden mit Händen und Füßen, spielen Fußball und Mikado, lernen täglich dazu und umarmen uns in einer Sprache, die keine Worte braucht. Karneval haben wir gemeinsam auf der Straße eine Polonaise gemacht, in ihrer Wohnung trinken wir herrlich wohlschmeckenden Kaffee, sie bringen mir Falafel rüber und ich bestaune meinen Namen in arabischer Schrift. Sie haben vom Krieg erzählt, von Erfahrungen, die mich begreifen lassen, wie dankbar ich sein darf, das nicht erleben zu müssen.
Ich bin davon überzeugt, dass es jedem Menschen, jeder Familie, jeder Straße, jedem Ort und jedem Land gut tut, Menschen kennen zu lernen, die aus einem anderen Land kommen. Ich wünsche mir, dass es eines Tages nicht mehr „die Flüchtlinge“ sind, sondern Heylin, Fatima, Kahlil, Sham und Hussein. Menschen, wie du und ich. Menschen, die sich zu Hause fühlen können, wie jeder Mensch sich zu Hause fühlen möchte. Wie jeder Mensch ein Zuhause braucht, um weiter wachsen zu können. Menschen, die fühlen, dass wir in einem Land leben, das menschlich ist.
Darum lasst uns die Zukunft mitgestalten und Hände, Worte und Gesten reichen. Lasst uns miteinander reisen in dieser Welt, die uns allen geschenkt ist. Im Gepäck eine gesunde Ladung Offenheit, Neugierde, Achtung und Zuversicht. Das tut uns allen gut.