Findesatz und Wortspiel – 34

„Wenn du irgendwelche Wünsche hast, höre nicht weg.“

Wie willst du dein Leben leben?
Intensiv mit Haut und Haar
Mit dem Zugreifen
Dem Ja zum Jetzt
Dem nicht Weghören deiner Wünsche
die sich melden
wenn du für einen oder zwei Momente ruhig bist
Oder mit dem Morgen, morgen ist auch noch ein Tag
Und wenn nicht dann eben nicht
Es muss nicht alles in Erfüllung gehen
Es ist gut so wie es ist
Oder mit dem Dazwischen
Halbes reicht
Lauwarm ist warm genug
So kann ich mich nicht verbrennen
Wie sag wie
willst du dein Leben leben?

Findesatz und Wortspiel – 33

„Am Morgen hat man die Welt ein bisschen für sich.“

Die Zeiten, in denen er morgens länger schlafen konnte, sind längst vorbei. Doch das macht ihm nichts, gar nichts. Er mag das frühe Aufstehen. Am Morgen hat man die Welt ein bisschen für sich. Er mag es, wenn er den Berg hinaufgeht, den er seinen Berg nennt. Selten ist um diese Uhrzeit jemand unterwegs. Nur die Tiere. Die zeigen sich am Morgen vermehrt. Er ist durchaus gerne in Gesellschaft. Ein Leben ohne Gegenüber, ohne Gespräche, ohne aneinander wachsen sehnt er nicht herbei. Doch er mag die Stunden für sich. Dann ist es, als ordnet sich etwas in ihm, das zuvor lose durcheinander lag, wie achtlos abgestreifte Kleidung. Die Morgenstunden in der Natur räumen ihn auf. Wenn er nach einer Stunde bereit ist, bergab zu gehen, fühlt er sich, als habe er sein Inneres poliert. Er atmet tief ein, atmet aus. Bereit für den Tag. Oft hört man ihn summen, bevor er die Haustüre aufschließt.

Findesatz und Wortspiel – 32

„Anna, denk an die Lutscher morgen!“

Es war während er auf der Bank saß. Zuvor war er durch den Ort gegangen. Er hatte ein paar Tage frei und ließ sich treiben. Ein Museumsbesuch, ein Eis am Nachmittag, ein Spaziergang, ein Espresso in einem Café. Nun saß er und sah dem beginnenden Abend zu. Zwei Kinder liefen vorbei. „Anna, denk an die Lutscher morgen!“ Das war der Moment, der ihn innehalten ließ. Es gibt sie, die zugeworfenen, flüchtigen Sätze, die ins Innere wandern und etwas berühren. Die beiden Kinder waren schon wieder aus seinem Blickfeld verschwunden. Welche Schönheit und Unbeschwertheit in diesem Ruf liegt, dachte er. Als gäbe es nichts Wichtigeres als an Lutscher zu denken. Manchmal ist genau das das Wichtigste. Das Zuversichtlichste was geschehen kann. Mehr Vorfreude geht nicht. Der Satz erschien ihm wie ein Fenster, das weit geöffnet wird. Ein Fenster, das nach Lust ruft. Nach der selbstverständlichen Gewissheit eines Morgen. Er lächelte. Er lächelte dem Satz nach, der sich wie eine Decke um ihn legte.