Findesatz und Wortspiel – 26

„Sonst noch was?“

Sie geht ohne Ziel. Blaues gehen, so nennt sie das. Der Ort hat genau die richtige Größe, nicht zu klein, um zu wenig zu entdecken, nicht zu groß, um verloren zu gehen. Auf den Fensterbänken der für sie fremden Menschen stehen kleine Wundertüten. Es sind nicht wirkliche Tüten, doch für sie wirkt es so. Hier eine Keramikfigur, dort ein Zwerg frei von Kitsch, da eine Kiste mit Sachen zum verschenken. Eine Buchhandlung, ein kleiner Geschenkeladen, eine Galerie. Ein Vater, der sein kleines Kind so anlächelt, dass es scheint, als könne die Welt nur gut sein. Ihre Augen finden immer wieder Blumen, deren Farbspiel wie ein Gedicht anmuten. Oftmals bleibt sie stehen und lässt sich verzücken. Verzücken ist ein Wort, das sie sich selbst nicht sagt. Doch auch ohne das Wort zu sagen, fühlt sie genau das. Ein Hund bellt weit entfernt. Selbst sein Bellen klingt geruhsam. Morgen wird sie woanders sein. Doch sie weiß, dass sie viel mitnimmt, innerlich sammelt. Stückchenweise wird es sich in ihr ausbreiten. Sie kommt an einem Café vorbei. Am geöffneten Fenster sind Bestellungen möglich. Sie bestellt einen Cappuccino mit Hafermilch. Sonst noch was, fragt der Barista freundlich. Sie verneint. Auf der Bank vor dem Café trinkt sie ihr Getränk, Lounchmusik dringt von innen hinaus. Sie fühlt sich zeitlos. Nein, sonst nichts, denkt sie, ich brauche nichts anderes. Der Cappuccino, sie auf der Bank, die leisen Töne, das reicht. Manchmal ist es eben nicht zu schön um wahr zu sein. Dann ist es schön. Und wahr.

Findesatz und Wortspiel – 25

„Das Wichtigste zuerst.“

Das Wichtigste zuerst
sagt er
Gut
antwortet sie
und setzt ihre Füße ins Gras
geht schaukeln
und beobachtet die Amseln
Nichts könnte wichtiger
Nichts könnte schöner
Nichts könnte heilsamer sein
in diesem Moment

Findesatz und Wortspiel – 24

„Manchmal muss man etwas wagen.“

Das Gras hat seinen Platz
Der Wind ist stärker als die Grenzen
Wolken gehen den Ideen nach
Alte Muster werden zu eng
Manchmal muss man etwas wagen
Die Zukunft anmalen
Beeren pflücken
und den Herzhunger stillen

Findesatz und Wortspiel – 23

„Was ist die Oase in deinem Leben?“

Was ist die Oase in deinem Leben
fragte mich die Luft
Ich sprach nicht direkt
schaute den Pflanzen beim Wachsen zu
und wie sie sich verschenken
Dann holte ich Luft
Das Grün
das viel zu weit ist
um einen Namen zu tragen
Bei mir sein
und fühlen
dass nichts getrennt ist
Das Wasser
das nicht aufgibt und fließt
und seine Richtung tanzt

Findesatz und Wortspiel – 22

„Es gibt so viele Eindrücke, lasst euch treiben.“

Stunden teilen den Tag ein
dem das egal ist
würden wir ihn fragen
Gedanken liegen im Baum
auf der Bank und im Himmel
Es gibt so viele Eindrücke
lasst euch treiben
sagt die Luft
seid nicht hinter der Freiheit
sondern mittendrin
seid zärtlich mit dem Wind
auch mit dem fremden
verwechselt euch manchmal
und vertraut auf das Finden